geändert am 11.01.2010 - Version Nr.: 1. 1678

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Volksmeinung
Planwirtschaft ist schlecht – aber es wäre besser als das heutige Wirtschaftssystem

27.12.2009 Die Bertelsmann-Stiftung hat eine qualitative Befragung zum Thema Vertrauen in Auftrag gegeben. Die Studie stieß auf bemerkenswerte Ergebnisse. Danach haben rund 70% der Deutschen ihr Vertrauen in zahlreiche Institutionen, Entscheider und Verantwortungsträger verloren. In der Studie, die nach der Pressemeldung zitiert wird, finden sich unter anderem die folgenden beiden markanten Sätze: "Das Prinzip sozialistischer Planwirtschaft stößt auf breite Ablehnung, …" und "Allerdings würden alle Gruppen außer der Gruppe „Leistungsbereitschaft“ die Planwirtschaft der aktuellen wirtschaftlichen Grundordnung vorziehen."
[Wann kommt der nächste charismatische Mit-Schnacker wie Hitler? Die Menschen folgen den Eliten doch heute zumeist nur noch aus Gewohnheit – nicht aus Überzeugung. Diesen Gedanken legt bei mir die Studie nahe. Dr. Dieter Porth]

Kommentar,Gedanken, Anmerkungen, ...

Redaktion buergerstimmen.de - Dr. Dieter Porth, Göttingen: Natürlich sind auch andere Szenarien des Umbruchs denkbar, wie das Beispiel französische Revolution zeigt. Eine weitere Möglichkeit eröffnet das Diskussionspapier der Bertelsmannstiftung, mit dem ich mich vielleicht demnächst einmal kommentieren beschäftigen werde.
Dr. Dieter Porth

 
Emailnachricht: Kontaktlink zu Bertelsmannstiftung [ Homepage ] (- Pressestelle)
 





Die Bertelsmann-Stiftung meldet - 2010: Wendemarke oder tiefer in die Depression? - 70 Prozent der Deutschen haben ihr Vertrauen in Politik und Wirtschaft verloren und haben weitgehend resigniert.

Die Deutschen blicken skeptisch in das Jahr 2010 und auch in die weitere Zukunft. Eine große Mehrheit hat nach dem Krisenjahr 2008/2009 ihr Vertrauen in zahlreiche Institutionen, Entscheider und Verantwortungsträger verloren. Inzwischen müssen ungefähr 70 Prozent der Bevölkerung als weitgehend resigniert eingeschätzt werden. Beinahe jeder Zweite wünscht sich dabei mittlerweile einen "Systemwechsel" in Bezug auf repräsentative Demokratie oder Marktwirtschaft. Dies ist das Ergebnis einer umfassend angelegten Studie der Bertelsmann Stiftung über das Vertrauen der deutschen Bevölkerung zum Ende des Jahres, die jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Danach ist der breitflächige Vertrauensverlust weniger eine direkte Folge der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise, sondern setzte bereits vor Jahrzehnten als Folge der Globalisierung ein. Kurzfristiges Krisenmanagement zeigt sich danach wenig geeignet, das verlorene Vertrauen zu festigen. Als neue Vertrauensanker werden am ehesten eine Wende zu umfassender Nachhaltigkeit, vielfältiger Beteiligung an Entscheidungsprozessen sowie Förderung von Bildung und Familie gesehen. Unter der Oberfläche, so die Studienleiter, deuten sich darüber hinaus möglicherweise neue soziale Bewegungen an, die die gesellschaftliche Einflussnahme und politisch unabhängige Mitsprache neu organisieren werden.
Im Fazit der Erhebung zeigten 70 Prozent der qualitativ Befragten an, dass sie kaum noch Vertrauen in die Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft oder in die sozialen Sicherungssysteme haben. Sie sind resigniert, sehen die aktuelle Situation sehr kritisch und haben nur wenig Vertrauen in die weitere Entwicklung der Lebensbedingungen in Deutschland. Als Ursache für diesen Vertrauensverlust werden zunächst eindeutig die jüngeren Entwicklungen des internationalen Finanzmarktes und der Politik in Deutschland benannt. Mängel werden besonders auch im deutschen Sozial- und Bildungssystem gesehen. 73 Prozent sind zudem ohne Hoffnungen auf eine nachhaltige Verbesserung der Situation auf den Finanzmärkten. Erwartet wird lediglich, dass sich die Situation in den kommenden Jahren allenfalls normalisiert.

Eines der zentralen Ergebnisse ist, dass die deutsche Vertrauenskrise kein aktueller oder kurzfristiger Trend ist. Befragt nach der Einschätzung der Lebensbedingungen in den 60er und 70er Jahren wurden vor allem wertschätzende Formen der Zusammenarbeit, "Wohlstand durch Wachstum" sowie Kompetenz und Glaubwürdigkeit der damaligen Entscheidungsträger hervorgehoben. Mit den 90er Jahren verbinden die Befragten zunehmend stärker die Förderung von Leistungseliten und eine vom Bürger entkoppelte Interessenvertretung. In dieser Zeit sei soziale Ungerechtigkeit zunehmend als eine Art "Kollateralschaden" der gegenwärtigen Verhältnisse und der Wachstumsstrategie hingenommen worden. Die Grundursache dafür liegt in den Begleiterscheinungen und Folgen der Globalisierung und lange vor dem Platzen der Internet-Blase oder der aktuellen Wirtschaftskrise. Mit der Zeit um die Jahrtausendwende verbinden die Befragten auch zunehmend das bewusste Abgeben falscher Versprechungen, den profitgierigen Raubbau an Mensch und Umwelt und die Förderung von ungezügeltem Egoismus. Diese Entwicklung sehen die Menschen derzeit auf einem Tiefpunkt, für die kommenden Jahre erwarten sie einen leichten Rückgang und die Rückbesinnung am ehesten auf eine garantierte Grundsicherung für alle Menschen und wertschätzende Formen der Zusammenarbeit. Hinter der Einschätzung dessen, was in Deutschland grundsätzlich möglich wäre, und erst recht hinter dem persönlichen Idealbild der Befragten bleiben diese Erwartungen aber weit zurück.

Auch im Vergleich mit den Lebensbedingungen in anderen Ländern schneidet Deutschland in der Sicht der Befragten schlecht ab. Die Lebensbedingungen etwa in den Schwellenländern in den 60er und 70er Jahren werden sehr negativ bewertet. Seitdem sehen die Befragten jedoch eine kontinuierliche Verbesserung. In den kommenden Jahren werde die Situation dort ebenfalls besser werden als in Deutschland, jedoch bei insgesamt geringerem Potenzial.

In der Detailanalyse zeigen sich vier Gruppen mit sehr unterschiedlichem Profil. Danach haben 31 Prozent ein entgegen dem gesellschaftlichen Gesamttrend relativ hohes Vertrauen und hoffen auf eine Verbesserung des bestehenden Systems. Eine zweite Gruppe von etwa 24 Prozent erklärt sich zwar mit dem bestehenden System grundsätzlich einverstanden, fordert aber einen tiefgreifenden Zielwechsel und eine Neudefinition in zahlreichen Bereichen. Eine dritte Gruppe von ungefähr 20 Prozent der Befragten verlangt als Konsequenz einen "Systemwechsel" in Bezug auf Marktwirtschaft und Demokratie mit mehr Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger. Und 25 Prozent der Befragten erklären, dass sie ihr Vertrauen in "das System" grundsätzlich verloren haben. Sie glauben nicht, dass es überhaupt eine Lösung für ihr Vertrauensproblem gibt.

Auch das Vertrauen in Produkte und Institutionen der Finanzwelt (Aktien, Investmentfonds, Kredite, Banken) wird extrem niedrig bewertet. Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken wird zwar im Vergleich deutlich stärker vertraut, doch Banken insgesamt werden stark mit Profitgier und Entkoppelung von den Interessen der Menschen assoziiert.

Keine der Unternehmensformen "Familienunternehmen", "mittelständische Unternehmen" und "multinationale Konzerne" wird mit langfristiger Zukunftssicherung verbunden. Dennoch schneiden Familienunternehmen durchweg positiv ab. Ihnen werden Ehrlichkeit, Seriosität und Glaubwürdigkeit beigemessen. Für die mittelständischen Unternehmen zeigt sich ein ähnliches Bild, nur in etwas schwächerer Ausprägung. Ganz anders multinationale Konzerne: Diese werden als lobbyistisch, gierig und wirklichkeitsfern wahrgenommen.

Schlecht weg kommen in der Einschätzung der Deutschen vor allem die gegenwärtigen Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik. Die Verantwortlichen in der Wirtschaft werden überwiegend mit Lobbyismus, Gier und Abkoppelung von der Wirklichkeit in Verbindung gebracht. Den politischen Entscheidungsträgern wird vorgeworfen, bürokratische Hürden nicht abzubauen und an Althergebrachtem festzuhalten. Weitere Kritikpunkte an Politikern sind Machtgier und leere Versprechungen.

Auch die Maßnahmen zur Überwindung der Krise ließ danach die Deutschen in den vergangenen Monaten nur wenig neues Vertrauen schöpfen. Danach setzen die Befragten ihre Hoffnung in der Krise auf eine neue Nachhaltigkeit, die Förderung von Bildung und den Erhalt des sozialen Sicherungssystems. Ausschließlich positiv bewertet wurden lediglich die Maßnahmen zur Erhöhung des Kinder- bzw. Elterngeldes, die Förderung regenerativer Energien und Investitionen in Bildung. Gespalten waren die Befragten in ihrer Einschätzung von festgeschriebenen Mindestlöhnen, Staatsgarantien für Spareinlagen, Steuersenkungsprogrammen oder Privatisierungen. Überwiegend negativ bewertet werden die Rettung einzelner Unternehmen, die Abwrackprämie, Verstaatlichungen oder Bankenrettungspakete.

In der Auswertung der Ergebnisse kommt die Bertelsmann Stiftung zu sechs zentralen Einflussfaktoren für die positive Vertrauensbildung und zur Erhöhung von Zukunftsoptimismus in Deutschland. Dies sind: Investitionen in ein zeitgemäßes Bildungswesen, Verbesserung der Situation von Eltern und Familien, Förderung von Mittelstand und Familienunternehmen, Entwicklung und Ausbau alternativer Energietechniken, Stärkung der gesellschaftlichen Wirkung von Bürgerinitiativen und ehrenamtlichen Engagements und nicht zuletzt die Intensivierung von Partizipationsprozessen in der Politik
Als eine weitere Erkenntnis aus dieser Studie verweist die Bertelsmann Stiftung auf neue soziale Bewegungen, die sich möglicherweise andeuten. Dr. Jan Arpe, Projektleiter der Bertelsmann Stiftung: "Dass die große Mehrheit der Menschen die aktuelle Gesellschaftslage sehr negativ bewertet und dazu noch pessimistisch in die Zukunft schaut, stimmt mich sehr nachdenklich. Wenn dann noch jeder Vierte ernsthaft an der Wirksamkeit demokratischer Prinzipien zweifelt, besteht die große Gefahr, dass sich der Trend zu politischer Abstinenz und Wahlverweigerung fortsetzt. Auch der politische Populismus dürfte mit der weit verbreiteten Unzufriedenheit in Deutschland ein gut gedüngtes Feld vorfinden." Gleichzeitig verweist Prof. Dr. Peter Kruse, Leiter der Studie bei Nextpractice auf ein bislang wenig beachtetes Phänomen: "Unter der Oberfläche von Resignation und Frustration entwickelt sich auf der Werteebene ein enormes Bereitschaftspotenzial für Partizipation. Unabhängig von den etablierten Parteien, den Massenmedien und professionellen Plattformen bahnt sich dieser Wille zur Beteiligung bereits machtvoll seinen Weg." Kruse schätzt dieses Potenzial auf 20 bis 30 Prozent - und damit ähnlich groß und mächtig wie die Basis der Ökologiebewegung in ihren Anfängen.

Als Konsequenz aus der Studie fordert Dr. Gunter Thielen, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung: "Wenn das Vertrauen wieder hergestellt werden soll, muss auf all diesen Ebenen angesetzt werden. Es geht um die überfällige Inkraftsetzung wirksamer Kontrollinstrumente auf den Finanzmärkten, um die transparente Verankerung längerfristiger Unternehmensziele, um die Schaffung eines globalen Regelwerkes für globale Märkte. Es müssen wirksame Anreize zu nachhaltigem Wirtschaften geschaffen werden, und nicht zuletzt geht es um eine Neubestimmung der Sozialen Marktwirtschaft in einer globalisierten Welt mit endlichen Wachstum."


Über die Studie:
Die Studie der Bertelsmann Stiftung wurde vom Bremer Forschungsinstitut Nextpractice im Rahmen von tiefenpsychologischen Interviews mit repräsentativ ausgewählten Bundesbürgern durchgeführt. Im Rahmen der jeweils anderthalb- bis zweistündigen Interviews wurden die Befragten zu zahlreichen Aspekten des aktuellen, früheren oder zukünftigen Vertrauens befragt. Die Untersuchung bestätigt zwei frühere Studienergebnisse von Nextpractice sowie eine Langzeituntersuchung der Bielefelder Universität unter 3.000 Bundesbürger. Dabei war eine Quote von nachhaltig Resignierten und Pessimisten zwischen 66 und 78 Prozent ermittelt worden.

Downloads

  1. Vertrauen in Deutschland - Eine qualitative Wertestudie (2.1 MB)
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    Vertrauen in der Krise - Diskussionspapier (3 MB)
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    Grafik zur Vertrauensstudie - Vertrauen in die Lebensbedingungen in Deutschland (115 KB)
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    Grafik zur Vertrauensstudie - Korrelation mit dem Ideal (59 KB)
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    Grafik zur Vertrauensstudie - Vergleich der Entwicklung der Lebensbedingungen (77 KB)
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    Grafik zur Vertrauensstudie - Nähe zum Idealbild (83 KB)

Zitat von dem Text aus der oben verlinkten PDF-Datei - Vertrauen in Deutschland - Eine qualitative Wertestudie (2.1 MB) - Vertrauen in Deutschland - Eine qualitative Wertestudie der Bertelsmann Stiftung - Task Force "Perspektive 2020 – Deutschland nach der Krise"


Kontakt:
[…]
www.bertelsmann-stiftung.de

Zur verwendeten Studienmethode
Für die vom Bremer Forschungsinstitut nextpractice durchgeführte Studie wurden mit 100 repräsentativ ausgewählten Bundesbürgern jeweils anderthalb- bis zweistündige Tiefeninterviews zu ihren Einschätzungen rund um das Thema "Vertrauen in Deutschland" geführt.
Die Ergebnisse wurden mit einem computergestützten Verfahren zusammengefasst, um kollektive Wertemuster im Kontext des Vertrauensthemas darzustellen und zu analysieren. Die Methode wird von nextpractice seit über 15 Jahren erfolgreich in Unternehmenskontexten angewandt, in letzter Zeit aber auch vermehrt zur Analyse gesellschaftspolitischer Fragestellungen eingesetzt.
Durch die Zusammenführung der intuitiven, unterbewussten Bewertungen der einzelnen Teilnehmer wird ein Kulturmuster sichtbar gemacht, das Aufschluss über zukünftige Verhaltenstrends in der Gesellschaft geben kann. Zusammenfassung der Studie "Vertrauen in Deutschland" Deutschland in der Vertrauenskrise – Förderung von Bildung, Familien, Partizipation und Nachhaltigkeit sind die Schlüssel für mehr Zukunftsoptimismus Qualitative Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung offenbart eklatante Unzufriedenheit mit den Lebensbedingungen in Deutschland
Mit dem Vertrauen in der deutschen Gesellschaft ist es schlecht bestellt. Ob in die Lebensbedingungen in Deutschland, in Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik, in die aktuelle wirtschaftliche und politische Grundordnung, das Bildungs-, das Gesundheits-, das Rentensystem oder die Sozialhilfe – die Menschen haben kein Vertrauen. Deutschland befindet sich in einer Vertrauenskrise. Dass die Finanzkrise viel Vertrauen zerstört hat, machen zahlreiche Umfragen der letzten Monate deutlich. Doch die Ursachen dieses Phänomens liegen tiefer – und vor allem weit vor der gegenwärtigen Finanzkrise, wie die vorliegende Studie zeigt: Die große Vertrauenserosion fand laut Studienteilnehmern bereits in den 80er und 90er Jahren statt und wurde durch die aktuelle Krise noch einmal verstärkt.
Die Studie wurde im Auftrag der Task Force "Perspektive 2020 – Deutschland nach der Krise" der Bertelsmann Stiftung durchgeführt. Die Task Force beschäftigt sich seit Herbst 2008 mit den mittel- und langfristigen Folgen der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise und hat das Thema "Vertrauen" als einen inhaltlichen Arbeitsschwerpunkt auf ihre Agenda gesetzt. Ziel der Studie war es, in Ergänzung zu den zahlreichen quantitativen Umfragen verschiedener Institute in den letzten Monaten genauer zu verstehen, woran die Menschen ihr Vertrauen knüpfen, welche Erwartungshaltungen sie haben und welche Themen bei ihnen große Resonanz finden. Zudem sollte untersucht werden, wie verschiedene Menschen auf unterschiedliche Maßnahmen von Politik und Wirtschaft reagieren und ob bei allem Vertrauensschwund auch Hoffnungsanker zu erkennen sind.

Die Entwicklung des Vertrauensniveaus in Deutschland
Die Studienteilnehmer schreiben den Lebensbedingungen in den 60er und 70er Jahren ein sehr hohes Vertrauensniveau zu, das jedoch bis in die 90er Jahre dramatisch zusammenbricht. Dieser Trend hält bis heute an, für die kommenden Jahre wird eine leichte Trendwende erwartet. Die Zukunftserwartungen bleiben jedoch weit hinter dem Potenzial zurück, das der deutschen Gesellschaft beigemessen wird. Allerdings ist auch dieses Potenzial noch deutlich von den Idealvorstellungen entfernt; die Befragten sehen keine Chance, in Deutschland ein maximales Vertrauensniveau zu etablieren. Insgesamt zeigen sich 70 der 100 Befragten resigniert: Sie schätzen die aktuelle Lage sehr negativ ein und sind auch für die Zukunft eher pessimistischF-1.
Auch im Vergleich mit den Lebensbedingungen in den anderen Industrienationen und den Schwellenländern schneidet Deutschland schlecht ab. Die Lebensbedingungen in den Schwellenländern in den 60er und 70er Jahren werden sehr negativ bewertet, seit dem sehen die Befragten jedoch eine kontinuierliche Verbesserung. In den kommenden Jahren wird die Situation dort ebenfalls besser eingeschätzt als in Deutschland, jedoch bei insgesamt geringerem Potenzial. Die Einschätzung der Lebensbedingungen in den 60er und 70er Jahren ist geprägt von wertschätzenden Formen der Zusammenarbeit, strategischen Wachstumsimpulsen ("Wohlstand durch Wachstum"), Kompetenz und Glaubwürdigkeit. Hingegen wird mit den Lebensbedingungen der 90er Jahre eine Fokussierung auf den Erhalt des erreichten Lebensstandards, die Förderung von Leistungseliten und eine vom Bürger entkoppelte Interessenvertretung assoziiert. Zudem wird in der Wahrnehmung der Studienteilnehmer zunehmend soziale Ungerechtigkeit als Kollateralschaden hingenommen, sie bemängeln das bewusste Abgeben falscher Versprechungen, profitgierigen Raubbau an Mensch und Umwelt und die Förderung von ungezügeltem Egoismus. Gleichsam hat in den 80er und 90er Jahren die Fokussierung auf eine garantierte Grundsicherung, wertschätzende Formen der Zusammenarbeit, den offenen Einbezug über Partizipationsprozesse, den Erhalt maximaler Zukunftsfähigkeit sowie das ehrliche Bemühen um nachhaltige Lösungen stark abgenommen.
Seit den 90er Jahren verschärft sich dieser Trend in so gut wie allen genannten Ausprägungen. Für die kommenden Jahre gehen die negativen Einschätzungen zu den erwarteten Lebensbedingungen leicht zurück, die positiven Einschätzungen nehmen leicht zu. Als mögliche Veränderungen werden am ehesten eine Refokussierung auf eine garantierte Grundsicherung für alle Menschen und wertschätzende Formen der Zusammenarbeit genannt. Hinzu kommt eine steigende Akzeptanz des Risikos von Neuerungen. Gleichzeitig wird erwartet, dass Innovationen weniger von ideologischem Denken ausgebremst werden, unehrliche Kommunikation etwas nachlässt und der Trend, soziale Ungerechtigkeit als Kollateralschaden zu begreifen, leicht rückgängig (aber immer noch stark ausgeprägt) sein wird. Keine Hoffnung legen die Teilnehmer in eine Veränderung hinsichtlich des ungezügelten Egoismus, des kurzfristigen und weitgehend planlosen Agierens sowie der Ausbreitung von Lobbyismus. Nach Ansicht der Interviewten hat Deutschland ein hohes Potenzial für Sicherheit und Stabilität, jedoch nicht für die Gestaltung von Zukunftsfähigkeit oder die ehrliche Vertretung von Mehrheitsinteressen. Ebenso wenig wird in der deutschen Gesellschaft das Potenzial gesehen, gegen den Raubbau an Mensch und Umwelt, Lobbyismus, Verbreitung von Egoismus, Festhalten am Status Quo und soziale Ungerechtigkeit effektiv anzugehen.
Alle Befragten sehen in Deutschland die Gefahr, dass sich die Gesellschaft von Zukunftsangst ausbremsen lässt. Fast alle Interviewten (96 von 100)F-2 sind der Meinung, dass die Menschen in Deutschland betrogen und fehlinformiert werden. Sie sehen den Lobbyismus auf dem Vormarsch: 41 Prozent assoziieren die Lebensbedingungen der 60er und 70er Jahre mit Lobbyismus, 76 Prozent die 90er Jahre und 93 Prozent die heutige Situation. Ein Rückgang wird hier nicht erwartet: 90 Prozent glauben, dass die Lebensbedingungen auch in zehn Jahren noch von Lobbyismus geprägt sein werden.

Vier Gruppen mit unterschiedlichen Wertemustern
Die Wertemuster der Interviewten streuen stark. Die Analyse ergibt vier Gruppen mit grundsätzlich verschiedenen Einstellungen, die sich vor allem hinsichtlich der Sicht auf die Konzepte der direkten und der repräsentativen Demokratie unterscheiden. Die Kenntnis dieser Gruppen ist wichtig für ein differenziertes Verständnis des insgesamt sehr kritischen Vertrauensbildes in Deutschland, da sie unterschiedliche Vertrauensanker aufweisen.

Vertrauen auf die Solidargemeinschaft (25 Prozent)
Erkennbar ist zunächst eine Gruppe, die die Gesellschaft vor allem als Solidargemeinschaft begreift. Sie macht ihr Vertrauen davon abhängig, wie sehr sie Chancengleichheit umgesetzt sieht, wie sehr Wählerinteressen von Politikern vertreten werden und wie wirksam Verstöße gegen bestehende Regeln geahndet werden. Sie erwartet auch, dass sich die Gesellschaft in Notsituationen solidarisiert und dass finanzielle Risiken gemeinschaftlich gepuffert werden. Besonders sensibel reagiert sie auf das Gebaren, Unfähigkeit mit leerem Gerede zu verbergen, wenn Menschen betrogen und falsch informiert oder wenn fortschrittliche Entwicklungen durch Zukunftsangst ausgebremst werden. Charakteristisch für die Gruppe ist ein besonders hoher Grad an Frustration und Resignation. Sie stellt das gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche System in Deutschland in Frage, hat ihr Vertrauen in die bestehenden Systeme grundsätzlich verloren und glaubt nicht, dass es überhaupt eine Lösung für ihr Vertrauensproblem gibt.

Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit (31 Prozent)
Gut erkennbar ist auch eine größere Gruppe, die grundsätzlich durch ein höheres Selbstvertrauen gekennzeichnet ist. Sie setzt auf maximale individuelle Freiräume, findet es gut, wenn Menschen durchsetzungsstark eigene Ziele verfolgen können und setzt auf Wachstum durch den Einsatz von Eigenverantwortung, gesunder Erfahrung und Leistungsförderung. Sie unterstützt Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft und möchte allenfalls auf der Basis klarer Regularien kontrollieren. Das erste Ziel ist vor allem der Erhalt des Lebensstandards. Besonders negativ reagieren die Angehörigen dieser Gruppe auf ein "Dahindümpeln ohne eigenen Antrieb". Gleichzeitig sind die Befürchtung des eigenen sozialen Abstiegs sowie der Mangel an sicheren individuellen Zukunftsperspektiven Themen, die die Menschen dieser Gruppe bewegen. Sensibel reagiert die Gruppe zudem auf das Verhalten von Verantwortlichen und Entscheidern, die "das Fähnchen immer in den Wind hängen" oder "nahezu jedes Mittel mit dem Zweck rechtfertigen". Sie verabscheuen "taktisch verlogene Oberflächen" und sehen in der Bürokratie große Veränderungsbarrieren.
Die Gruppe befürwortet sowohl das Konzept der direkten als auch der repräsentativen Demokratie.

Vertrauen durch Planungssicherheit (25 Prozent)
Die dritte Gruppe ist nicht so sehr auf Solidarität oder das eigene Wohlergehen bedacht, sondern bezieht ihr Vertrauen hauptsächlich aus einer weitgehenden Planungssicherheit für die Zukunft. Sie ist vor allem um eine umfassende Transparenz bemüht und schätzt es, wenn Probleme zuverlässig im Team angegangen werden. Mit Kontinuität und Verlässlichkeit möchte diese Gruppe "bescheiden den Bodenkontakt aufrecht erhalten" und "mit Augenmaß das Bestehende optimieren". Negativ reagiert sie besonders auf ideologische Scheuklappen, kurzfristiges und weitgehend planloses Agieren und wenn sie das Gefühl hat, der Bürger werde ganz bewusst "für dumm verkauft". Die Angehörigen dieser Gruppe sind zwar mit dem bestehenden System grundsätzlich einverstanden, fordern aber einen tiefgreifenden Zielwechsel und eine Neudefinition in zahlreichen Bereichen, also einen Musterwechsel innerhalb der bestehenden Systeme.

Vertrauen durch Bürgerbeteiligung (20 Prozent)
Als vierte Gruppe lassen sich diejenigen Bürger erkennen, die ihr Vertrauen an die Möglichkeit knüpfen, sich aktiv an politischen und wirtschaftlichen Prozessen zu beteiligen. Die Interviewten, die in diese Gruppe fallen, wünschen sich, bei Entscheidungen einbezogen zu werden, und möchten ein Klima gegenseitiger Wertschätzung schaffen. Es ist ihnen besonders wichtig, dass Vertrauen in Deutschland | Seite 7 Aufgaben kompetent und informiert angegangen werden, sie wollen Wort und Tat aufrichtig in Einklang bringen, langfristig denken, nachhaltig handeln und weltoffen Ausschau nach Innovationen halten. Besonders sensibel reagieren sie bei Maßnahmen, die gezielt Egoismus und Wettbewerb fördern, wenn wichtige Probleme zu kurzsichtig angegangen werden sowie gegenüber Entscheidern, die abgekoppelt in ihrer eigenen Wirklichkeit leben oder Teilinteressen mit Lobbyismus durchsetzen. Die Gruppe fordert aktiv die direkte Demokratie und lehnt die repräsentative Demokratie ab.

Tabelle 1 Übersicht über die Wertemustergruppen der Befragten
Wertemuster Anteil der Befragten Direkte Demokratie Repräsentative Demokratie Typische Resonanzthemen
Solidargemeinschaft 25 % - - Chancengleichheit, Solidarität
Leistungsfähigkeit 31 % + + Eigenverantwortung, Wachstum
Planungssicherheit 24 % + + Transparenz, Verlässlichkeit
Bürgerbeteiligung 20 % + - Partizipation, Nachhaltigkeit


Weitgehende Befürwortung der Sozialen Marktwirtschaft, aber große Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung Die aktuelle wirtschaftliche Grundordnung wird mit Egoismus förderndem Wettbewerb (93 Prozent), Zukunftsangst (93 Prozent) und Abkopplung von der Wirklichkeit (92 Prozent) in Verbindung gebracht. Positiv wird lediglich die weitsichtige Sicherung des Lebensstandards gesehen (92 Prozent).
Während die Gruppe "Leistungsfähigkeit" noch am zufriedensten mit der aktuellen Wirtschaftsordnung ist, kommt die stärkste Kritik aus der Gruppe "Bürgerbeteiligung". Das Wachstumsprinzip wird insgesamt eher positiv bewertet (Marktdynamik und aktive Zukunftsgestaltung), zum Teil aber auch mit deutlich negativer Kritik bedacht (Egoismus und Kurzsichtigkeit).
Auch hier wird diese Kritik am stärksten von der Gruppe "Bürgerbeteiligung" geäußert. Bei der Frage nach der Bewertung verschiedener Wirtschaftsformen sehen die Befragten einhellig den Vorteil, dass sowohl die Freie als auch die Soziale Marktwirtschaft eigenständige Zielverfolgungen ermöglichen. Während die Soziale Marktwirtschaft als bodenständige Wirtschaftsordnung wahrgenommen wird, die die sozialen Lebensbedingungen stabilisiert und den Lebensstandard langfristig sichert, sind die Bewertungen der Freien Marktwirtschaft zwischen Gier und Neugier, Zukunftsangst und Fortschritt ambivalent. Insgesamt wird die Soziale Marktwirtschaft deutlich besser bewertet als die Freie Marktwirtschaft, wobei der Abstand zwischen den beiden Spielarten der Marktwirtschaft in der Gruppe "Bürgerbeteiligung" am größten ist. Als einziger Nachteil gegenüber der Freien Marktwirtschaft wird gesehen, dass in der Sozialen Marktwirtschaft Neuerungen weniger risikofreudig begegnet wird, die Marktdynamik geringer ausfällt.
Von den positiven Eigenschaften, die der Sozialen Marktwirtschaft zugeschrieben werden, sehen die Interviewteilnehmer besonders die Förderung von Motivation und Eigenverantwortung, die bodenständige und kompetente Optimierung des Bestehenden sowie die Einhaltung von Regeln in der realen Wirtschaftsordnung umgesetzt. Auch die gemeinschaftliche Pufferung von Risiken funktioniert – gerade in Zeiten der Finanzkrise – in den Augen der Befragten gut. Stärken der Sozialen Marktwirtschaft, die der aktuellen Wirtschaftssituation nicht zugeschrieben werden, sind die Ausrichtung auf das Gemeinwohl, die soziale Verteilungsgerechtigkeit sowie Kontinuität und Verlässlichkeit. Zu den wünschenswerten Eigenschaften, die mit der Sozialen Marktwirtschaft nicht verbunden werden (und auch nicht mit der aktuellen wirtschaftlichen Grundordnung), sind die Förderung persönlicher Freiheit und Selbstbestimmung sowie langfristige und nachhaltige Gestaltung von Zukunftsfähigkeit.
Das Prinzip sozialistischer Planwirtschaft stößt auf breite Ablehnung, es wird vor allem mit Bürokratie, Rückwärtsgewandtheit und ideologischen Scheuklappen in Verbindung gebracht. Die Gruppe "Solidargemeinschaft" zeigt als einzige eine signifikante Präferenz für die Planwirtschaft gegenüber der Freien Marktwirtschaft (jedoch nicht gegenüber der Sozialen Marktwirtschaft). Allerdings würden alle Gruppen außer der Gruppe "Leistungsbereitschaft" die Planwirtschaft der aktuellen wirtschaftlichen Grundordnung vorziehen♠ 1. Die Studienteilnehmer wurden zu den Elementen "Familienunternehmen", "mittelständische Unternehmen" und "multinationale Konzerne" befragt. Keine der Unternehmensformen wird mit langfristiger Zukunftssicherung verbunden. Dennoch schneiden die Familienunternehmen durchweg positiv ab. Ihnen werden Ehrlichkeit, Seriosität, Durchsetzungskraft (jeweils hundertprozentige Zustimmung), Glaubwürdigkeit und Transparenz (jeweils 96 Prozent) beigemessen. Für die mittelständischen Unternehmen zeigt sich ein ähnliches Bild, nur in etwas schwächerer Ausprägung.
Ganz anders multinationale Konzerne: Diese werden als lobbyistisch (97 Prozent), gierig (96 Prozent) und wirklichkeitsfern (96 Prozent) wahrgenommen, gleichzeitig aber auch als kompetent (95 Prozent) und durchsetzungsfähig (93 Prozent). In den internationalen Finanzmarkt haben die Teilnehmer kein Vertrauen. In der Bewertung der Entwicklung der letzten Jahre schlägt sich die Finanzkrise nieder: Der Finanzmarkt wird mit weniger Risikobereitschaft verbunden, wodurch aber auch die Gefahr der Verhinderung von Innovationen gesehen wird. Es wird erwartet, dass sich der Finanzmarkt in den kommenden Jahren wieder "normalisiert", es also keine grundsätzlichen Änderungen gegenüber der Situation vor der Krise geben wird. Kleinere Ausnahmen sind ein Rückgang der Befürchtung von Problemen durch Kompetenzmangel, bei gleichzeitig voller Ausrichtung auf den Erhalt des Status Quo und praktisch keinerlei Assoziation mehr mit Zukunftssicherung. Insgesamt 73 Prozent der Befragten sind in Bezug auf die qualitative Entwicklung auf dem internationalen Finanzmarkt resigniert.
Das Vertrauen in Produkte und Institutionen der Finanzwelt (Aktien, Investmentfonds, Kredite, Banken) ist niedrig. Diese werden allesamt stark mit Profitgier, Entkopplung von den Interessen der Menschen und kurzfristiger Ausrichtung des Handelns assoziiert. Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken wird deutlich stärker vertraut. Sie werden als wesentlich "moralischer" wahrgenommen, obgleich auch sie sich im Werteraum weit entfernt vom kollektiven Idealbild befinden. Anforderungen an Entscheidungsträger
Die Anforderungen an Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind mit der Krise gestiegen. Erfahren in der Situation vor der Krise nur die Themen der solidarischen Grundsicherung und der Erhalt stabiler Lebensbedingungen die uneingeschränkte Zustimmung aller Befragten, so kommen heute die eigenverantwortliche Gestaltung des Fortschritts, eine selbstbestimmte Interessenvertretung sowie der weitsichtige Einsatz seriösen Fachwissens und einer gesunden Erfahrungsbasis hinzu.
Die gegenwärtigen Entscheidungsträger in der Wirtschaft werden überwiegend mit Lobbyismus (96 Prozent), Gier (94 Prozent) und Abkopplung von der Wirklichkeit (92 Prozent) in Verbindung gebracht. Den politischen Entscheidungsträgern wird vorgeworfen, bürokratische Hürden nicht abzubauen und an Althergebrachtem festzuhalten (jeweils volle Zustimmung). Weitere Kritikpunkte an Politikern sind Machtgier und leere Versprechungen (jeweils 96 Prozent). Ein kleiner Lichtblick ist, dass 95 Prozent den politischen Entscheidern eine gesunde Erfahrungsbasis zuschreiben. Der Einsatz von Sachverständigenräten erfährt große Zustimmung: Mit ihnen werden Fachwissen, Weitblick und Gewissenhaftigkeit verbunden. Maßnahmen in der Finanzkrise und Auswirkungen auf Vertrauen

Die Interviewteilnehmer wurden zu verschiedenen Maßnahmen befragt, die im Verlauf der Finanzkrise seitens der Politik angedacht und zum Teil auch umgesetzt wurden.

Durchweg positiv und vertrauensfördernd bewertet wurden:

  • Kindergeld / Elterngeld
  • Förderung regenerativer Energien
  • Investition in Bildung
Positive und negative Kritik gab es für:

  • Staatlich festgeschriebene Mindestlöhne (Kritik: mangelnde Zukunftsfähigkeit, zu starkes Verharren am Status Quo)
  • Staatsgarantie für Spareinlagen (Kritik: wie oben, zudem: weniger Aufgeschlossenheit gegenüber Neuerungen, leichte Gefahren: Profitgier, Entkopplung von den eigentlichen Bürgerinteressen)
  • Steuersenkungsprogramme (Kritik: wie oben, zudem: Gefahr falscher Versprechungen) Vertrauen in Deutschland | Seite 10
  • Privatisierung (Kritik: wie oben, etwas stärker ausgeprägt bei Profitgier und falschen Versprechungen, dafür höhere Aufgeschlossenheit gegenüber Neuerungen)
Überwiegend negative Kritik (Verteidigung des Status Quo statt echter Zukunftsfähigkeit, Entkopplung von den Interessen der Bürger statt Partizipation) erhielten:

  • Rettung einzelner Unternehmen
  • Abwrack-/Umweltprämie
  • Verstaatlichung
  • Banken-Rettungspaket
Die Reihenfolge der Präferenzen für die weiter oben genannten Maßnahmen ist im Großen und Ganzen für alle Gruppen gleich. Die Gruppe "Bürgerbeteiligung" reagiert mit der größten Skepsis gegenüber allen Maßnahmen, gefolgt von der Gruppe "Solidargemeinschaft", der Gruppe "Planungssicherheit" und schließlich der Gruppe "Leistungsbereitschaft".

Vertrauensbildung durch gesellschaftliche Akteure und Institutionen
Auch bei der Verortung unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure und Institutionen lassen sich drei Gruppen ausmachen, die sich deutlich in ihrer Entfernung vom kollektiven Ideal der Befragten unterscheiden.
Durchweg positiv und vertrauensfördernd bewertet wurden:

  • Familienbetriebe
  • Mittelständische Unternehmen
  • Stiftungen
Positive und negative Kritik gab es für:

  • Gewerkschaften
  • Europäische Union
  • World Wide Web
  • Sparkassen / Volks- und Raiffeisenbanken
Durchweg negative Kritik erhielten:

  • Banken
  • Multinationale Konzerne
  • Massenmedien

Schlüssel für mehr Zukunftsoptimismus: Förderung von Bildung, Familie, Partizipation und Nachhaltigkeit
Die allgemeine Stimmungslage, aber auch die Bewertung der konkreten Maßnahmen macht deutlich, dass Investionen in Zukunftsfähigkeit über alle Gruppen hinweg eindeutig befürwortet werden. Hingegen werden Maßnahmen, die auf den Erhalt bzw. die Wiederherstellung des Status Quo abzielen, eher abgelehnt, besonders, wenn sie nicht unmittelbar den Bürgern zu Gute kommen, sondern einzelne Unternehmen oder Branchen subventionieren. Bei der Gestaltung von Zukunftsfähigkeit wird vor allem der Unterstützung für Familien, der Investition in Bildung sowie der Förderung regenerativer Energien eine wichtige Rolle beigemessen. Dass die Bewertung dieser Maßnahmen allerdings nicht all zu stark mit Zukunftsoptimismus korreliert, zeigt klar, dass große Skepsis hinsichtlich der Umsetzung dieser Maßnahmen besteht. Ein großer Gegensatz zwischen den Gruppen zeigt sich hier hinsichtlich der Knüpfung von Zukunftsoptimismus an Bildungsinvestitionen:
Während die Gruppe "Planungssicherheit" große Hoffnung in die Förderung des Bildungssystems setzt, ist die Gruppe "Bürgerbeteiligung" eher pessimistisch. Wichtig ist, dass diese Forderungen sich nicht ausschließlich an die Wirtschaft oder die Politik richten. Vielmehr wird ein Umdenken in allen Bereichen als notwendig angesehen.
Als ein viel versprechender Weg, die Zukunftsfähigkeit im Sinne der Bürger zu stärken, wird aktive Partizipation gesehen: Alle vier Gruppen bevorzugen die direkte Demokratie gegenüber der repräsentativen Demokratie; die Gruppe "Bürgerbeteiligung" (mit 20 von 100 Befragten) sieht in der direkten Demokratie sogar die einzige Chance zukunftsfähiger Gestaltung. Mehr Beteiligungsmöglichkeiten werden von allen Gruppen befürwortet, besonders wichtig ist dies für die Gruppe "Bürgerbeteiligung", aber auch für die Gruppe "Planungssicherheit". Auch dies gilt sowohl für die Politik als auch für Wirtschaft und Zivilgesellschaft: Die meisten Menschen möchten aktiv mitbestimmen und mitgestalten.
Besonders positiv werden Bürgerinitiativen gesehen, da diese das Bestehende hinterfragen und primär im Interesse des Gemeinwohls handeln (jeweils volle Zustimmung aller Befragten). Allerdings wird auch in diesem Bereich eine eindeutige Zukunftsorientierung eher vermisst. Uneingeschränkt positiv wird ehrenamtliches Engagement bewertet. Dennoch korreliert diese Einschätzung ebenfalls nur sehr gering mit Zukunftsoptimismus.

Fazit
Das Vertrauen in unsere Gesellschaft und ihre Institutionen schrumpft seit Langem. Neu ist die Dynamik dieses Erosionsprozesses, getrieben durch die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise und die wahrgenommene Macht- und Konzeptlosigkeit der Eliten, den Ursachen der schwierigen Situation wirksam zu begegnen. Das Vertrauen fehlt in der Breite – gegenüber Banken und Finanzdienstleistern, gegenüber Unternehmern und Managern, den Politikern und dem politischen System insgesamt, den klassischen Medien und sogar gegenüber der Art und Weise, wie die Soziale Marktwirtschaft aktuell umgesetzt wird – dem zentralen Identitätsanker unseres Gesellschaftsmodells. Soll Vertrauen wieder hergestellt werden, muss entsprechend auf all diesen Ebenen angesetzt werden.
Die vorliegende Studie zeigt sechs zentrale Einflussfaktoren zur Vertrauensbildung und zur Erhöhung von Zukunftsoptimismus in Deutschland auf:
1. Intensivierung von Partizipationsprozessen in der Politik
2. Investitionen in ein zeitgemäßes Bildungswesen
3. Verbesserung der Situation von Eltern und Familien
4. Entwicklung und Ausbau alternativer Energietechniken
5. Förderung von Mittelstand und Familienunternehmen
6. Stärkung der gesellschaftlichen Wirkung von Bürgerinitiativen und Ehrenamt
Beziehen sich die genannten Punkte vor allem auf die nationale Politik, so lässt sich auch für den internationalen Wirtschaftskontext festhalten, was geschehen muss, um das Vertrauen der Bürger über alle Wertemuster hinweg wieder herzustellen: Es geht um die überfällige Inkraftsetzung wirksamer Kontrollinstrumente auf den Finanzmärkten, um die transparente Verankerung längerfristiger Unternehmensziele, um die Schaffung globalen Regelwerkes für globale Märkte, das wirksame Anreize zu nachhaltigem Wirtschaften enthält, um die glaubhafte Beteiligung der Bürger an der Gestaltung ihrer Welt und nicht zuletzt um eine Neubestimmung des Leitbildes der Sozialen Marktwirtschaft in einer globalisierten Welt endlichen Wachstums.
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Liste der Fussnoten

F-1 Dieses Ergebnis deckt sich mit den Erkenntnissen weiterer Studien mit insgesamt gut 300 Befragten, die von der Firma nextpractice durchgeführt wurden; darunter die Studie „Der demographische Wandel als gesellschaftliche Herausforderung“, die von der Bertelsmann Stiftung für das Forum Demographischer Wandel Ende 2008 in Auftrag gegeben wurde.
F-2 Die sehr hoch ausfallenden Prozentangaben sind hier und im weiteren Text analog wie folgt zu verstehen: Bestimmte Einzelaussagen der Befragten wurden zum Thema „Menschen betrügen und fehlinformieren“ zusammengefasst. 96 Prozent der Befragten gaben an, sie würden das Element „Lebensbedingungen in Deutschland heute“ mit einer von ihnen genannten individuellen Aussage assoziieren, die dann in der Studienauswertung diesem Thema zugeschrieben wurde.

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Dr. Dieter Porth.

Leserbriefe / Kommentare zur Meldung

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Universität

18.12.2009 Wirtschaftsplan

Universität

13.01.2010 Bildungsumbau

Berlin

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Ticker
Ältere Nachricht

Kinoprogramm - Cinema
"Triff die Elisabeths" und weitere Filme

30.12.2009 Im Cinema sind in der Woche vom 31.12. – 6.1. unter anderem folgende Filme zu sehen:
"Nokan – Die Kunst des Ausklangs", "Triff die Elisabeths (Erstaufführung)" und "Adam – zwei Fremde – einer merkwürdiger als der Andere, (Erstaufführung)", "Das Orangenmädchen", "Willkommen bei den Sch'ts" und "Mullwapp". Einige Filme sind nur an vereinzelten Terminen zu sehen.

Kinoprogramm
31.12. – 18:00 – "Dinner for one + Til Schweiger: ZWEIOHRKÜKEN + frische Berliner"

30.12.2009 Ansonsten gibt es in der Neujahrswoche bei der neuen Schauburg in Northeim die Filme "Wickie und die starken Männer", "KÜSS DEN FROSCH", "ALVIN und die Chipmunks 2", "AVATAR" sowie die "ZWEIOHRKÜKEN". Ab Montag ist auch " NEW MOON – Biss zum Morgengrauen" mit im Programm; und am dienstäglichen Filmkunsttag gibt es "Die Päpstin".

Sendeplan – 2009-12-19
Call-In: Was wünschen Sie sich zu Weihnachten?

30.12.2009 In der Bürgerfunk-Sendung Bürgerstimmen im Göttinger Land gab es neben dem aktuellen Rückblick auf die Meldungen aus der Region und dem Konzertkalender diesmal eine sogenannte Call-In-Sendung. Hörer konnten anrufen und ihre Weihnachtswünsche äußern.

Hitartikel
Platz 13: "Wer liest Ihre Emails mit? - Was kann jeder dagegen tun?"

30.12.2009 Die sieben am häufigsten gelesen Artikel waren in der Woche vom 14. – 20. Dezember: "Flöhe leben in Bettritzen, …", "32 Objekte durchsucht – Gewehre und Pistolen gefunden", "Patient zahlt Antibiotika bei entzündeten Tattoo selbst", "13.6. – Mitmachen beim GMO (Göttinger Mitmach-Orchester)", "Finanzministerium informiert zur Finanzkrise", "18.12. – 8:35 - Ausstellung ,100 Jahre Northeim'" und "17.12. – Versteigerung im Neuen Rathaus".
[Langsam wird die Internet-Zeitung auch als Medium für aktuelle Meldungen angenommen. Dr. Dieter Porth]

Politikmoral
Piratenpartei: Ist Schünemann der Verkauf von Waffen lieber als von Killerspielen?

28.12.2009 Die Piratenpartei Niedersachsen kritisiert die politische Doppelmoral des niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann. Ein Beschluss der Innenminister Konferenz forderte, "die Verfügbarkeit von Schusswaffen zu begrenzen und den Schutz vor einer missbräuchlichen Verwendung zu erhöhen." Den Beschluss ignoriert der Innenminister, indem er zigtausende Alt-Waffen der Polizei lieber verkaufen lassen soll – statt sie verschrotten zu lassen. Gleichzeitig fordert Schünemann, vielleicht auch mit Blick auf den genannten Beschluss, eine Kriminalisierung des Besitzes von sogenannten Killerspielen. Die Piratenpartei fürchtet, dass diese Kriminalisierung mit einer Zunahme von Staatszensur und mit einem Abbau der Bürgerschutzrechte einhergehen wird.

Polizeimeldungen
24.12. - Schwelbrand in Groß Schneer Kirche

27.12.2009 Weil die Kirchturmuhr nicht richtig ging, entdeckten am Morgen des Heiligabends zwei aufmerksame Mitarbeiter eines Stromunternehmens den Schwelbrand in der Kirche von Groß Schneen. Der Brand konnte gelöscht werden. Der Sachschaden wird auf zirka fünfzigtausend bis hundertausend Euro geschätzt.

Neuere Nachricht

Innenstadtplanung
7.1. – 18:00 – Diskussion zum Busverkehr in der City

02.01.2010 Im Rahmen der Überarbeitung des Göttinger Innenstadtleitbildes hat die Stadt Göttingen auch ein Gutachten zum Busverkehr in der Innenstadt in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse werden am 7. Januar ab 18 Uhr im Ratssaal vorgestellt. Im Anschluss an das Referat sollen die Ergebnisse diskutiert werden.

Lesung
7.1. – 10:55 – Passagen aus "Jugend ohne Gott"

02.01.2010 In der Reihe „5vor11 im Lesesalon“ wird am Donnerstag, 07. Januar 2010 in der Stadtbibliothek Göttingen wieder vorgelesen. Die Lesung beginnt um 10.55 Uhr. Der erwachsene Zuhörer bekommt Passagen aus dem Roman "Jugend ohne Gott" von Ödön von Horvath zu hören.

Rückblick 52/09
Konzerte vom 24.Dezember bis zum 30.Dezember

02.01.2010 Der Konzertkalender bietet einen Überblick über die aktuellen Konzerte in Göttingen und Südniedersachsen. Dieser Rückblick archiviert nur die Ankündigungen, um vielleicht später die oder andere musikalische Entwicklung nachzeichnen zu können.
Neben den Links zu den Websites und Myspace-Sites der Bands finden sich hier auch die Links zu Veranstaltern und Bühnen und zu einigen früheren Bühnenkritiken von den Bürgerstimmen.

Sendeplan – 2009-12-26
Jahresrückblick – Was war in Göttingen wichtig

30.12.2009 Am letzten Samstag im Jahr, also dem zweiten Weihnachtstag machte der Moderator Dr. Dieter Porth der Radiosendung "Bürgerstimmen im Göttinger Land" einen Jahresrückblick. In die dreistündige Sendung band er systematisch die Internet-Zeitung mit ein und verwies mit den Schlagworten auf die ausgewählten Meldungen. Die Links zu den Meldungen findet man mit Hilfe der Schlagworte im Schlagwortverzeichnis.

Lumiere
ab 2.1. - "Ganz nah bei dir"

30.12.2009 In der Woche vom 31.12. bis 6.1. gibt es im Lumiere die Komödie "Ganz nah bei dir" und den vorm 1. Weltkrieg angesiedelten Film "Das weiße Band".

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