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⇐ Wenzel: Finanzkontrolle der Göttinger Gruppe? 22.02.2009 Angesichts der Finanzkrise wird von vielen Seiten eine stärkere staatlich Kontrolle der Finanzinstitute gefordert. Stefan Wenzel, Fraktionsvorsitzender der Grünen im niedersächsischen Landtag, versucht mit einer Anfrage im niedersächsischen Landtag aufzuklaren, welche Maßnahmen die Landesbehörden im Vorfeld der Pleite der Göttinger Gruppe ergriffen hat. Die Antworten zu der kleinen Anfrage zeigen auf, dass die Staatsanwaltschaft in Braunschweig seinen Beurteilungsrahmen gemäß §152 PO sehr weit auslegte. Der Schaden der Pleite der Göttinger Gruppe wird mit über eine Milliarde Euro beziffert.
Emailnachricht: Kontaktlink zu Landtagsabgeordneter der Grünen Stefan Wenzel [ Homepage ] (---)
Göttinger Gruppe/Securenta: Antwort der Landesregierung wirft neue Fragen auf - Wenzel: "Versagen staatlicher Aufsicht"
"Als frühes Zeichen für das Versagen staatlicher Aufsicht im grauen Kapitalmarkt" bezeichnete der Göttinger Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag, Stefan Wenzel, die Insolvenz der Göttinger Gruppe/Securenta, nachdem die Landesregierung eine umfangreiche Anfrage beantwortet hat. Wer sich näher mit dem Fall beschäftige, müsse zu der Auffassung kommen, dass die drohende Insolvenz schon lange absehbar war. Letztlich sei fast 1 Milliarde Euro von Anlegern veruntreut worden, obwohl staatliche Institutionen zahlreiche Hinweise auf ein rechtswidriges Schneeballsystem gehabt hätten, so Wenzel.
Nach der zwischenzeitlichen Insolvenz der Göttinger Gruppe müsse man sich fragen, wie die Braunschweiger Staatsanwaltschaft trotz vieler gegenteiliger Informationen zu der Auffassung gelangen konnte, dass (Zitat) "sich der Verdacht, dass Vermögenswerte nicht werthaltig seien, nicht bestätigt habe." (Zitatende) Nach der Insolvenz bleibe offenbar nur ein zweistelliger Millionenbetrag zurück und mehr als 100.000 geprellte Anleger. Darunter offenbar auch die Stadt Göttingen (28 Mio. €) und das Land mit Steuerforderungen. (105 Mio. €)
Zweifelhaft sei insbesondere, so Wenzel, ob tatsächlich belastbare Gerichtsgutachten verschiedener Zivilgerichte vorgelegen hätten, wie in der Antwort der Landesregierung behauptet. Andere Quellen sprächen hier von Gutachten sehr zweifelhafter Herkunft. Wenzel will daher die Beweisbeschlüsse und die Aktenzeichen der Gerichte anfordern, um die Gutachten einsehen zu können.
Formulierung der Anfrage inklusive Antwort
Link zum Anfrage (http://www.landtag-niedersachsen.de/Drucksachen/Drucksachen_16_2500/0501-1000/16-0947.pdf ) - Da der Text von einer PDF-Datei übernommen wurde, könnten einige Trennzeichen beim Konvertieren übersehen worden sein.
Kleine Anfrage mit Antwort - Wortlaut der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE), eingegangen am 02.12.2008
Göttinger Gruppe: Die Chronik einer angekündigten Insolvenz?
Seit dem Jahr 1994 standen Anlagemodelle der Göttinger Gruppe (Göttinger Gruppe Vermögens- und Finanzholding GmbH & Co KGaA, Securenta Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG u. a.) auf der Warnliste von Verbraucherschutzorganisationen.
Schon in den 90er-Jahren ermittelte die Staatsanwaltschaft in Stuttgart im Zusammenhang mit der Übernahme des Privatbankhauses Partin (Bad Mergentheim) durch die Göttinger Gruppe. Der Prü-fungsverband deutscher Banken e. V. hatte offenbar im Zusammenhang mit dem Kauf der Partin-Bank eine sogenannte Inhaberkontrollprüfung bei Teilen der Göttinger Gruppe durchgeführt. Demnach wurden damals zwei Gutachten erstellt, die feststellten, dass bei der Göttinger Gruppe von ca. 1,8 Mrd. Euro Anlagegeldern nur ca. 520 Mio. Euro als mehr oder weniger rentables Vermögen vorlagen. Diese Gutachten sind der Staatsanwaltschaft Braunschweig offenbar über die Staatsanwaltschaft Stuttgart zur Verfügung gestellt worden. Im Dezember 1998 legte die Staatsanwaltschaft Stuttgart der Staatsanwaltschaft Braunschweig zudem ein von Amts wegen eingeleitetes Vorermittlungsverfahren vor. Auch das BKA hatte laut "plusminus" bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig auf die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wegen Kapitalanlagebetrug gedrungen. Finanztest 7/2002 berichtet zudem, dass sich der Präsident des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (Vorläufer des BaFin) im Jahr 1999 beim damaligen niedersächsischen Justizminister über die schleppenden Ermittlungen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft beklagte und forderte, Beamte des Bundeskriminalamtes hinzuziehen.
Die Süddeutsche Zeitung vom 08.06.2007 spricht vom "größten Anlageskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte". Nach der Insolvenz der Gruppe im Sommer 2007 schreibt Finanztest (5/2008): "Das von 200 000 Anlegern der Göttinger Gruppe in Pensionssparpläne und weitere als Altersvorsorge beworbene Beteiligungen eingezahlte Geld wurde ‚nahezu komplett verpulvert’."
Laut Bericht des Göttinger Tageblattes von Anfang Juni 2008 ist auch das Land Niedersachsen mit 105 Mio. Euro als Gläubiger von der Insolvenz der Göttinger Gruppe betroffen. Die Stadt Göttingen hat dem Bericht zufolge noch Forderungen in Höhe von 28 Mio. Euro in den Büchern stehen. Wahr-scheinlich sind mehr als 100 000 Anleger (andere Quellen sprechen von bis zu 270 000 Anlegern) geschädigt worden. Die hohe Schadenssumme wurde offenbar mit atypischen stillen Beteiligungen und einem Schneeballsystem verursacht. Verkauft wurde die sogenannte SecuRente als Steuer-sparmodell. Anleger hofften auf eine sichere Anlage für die Altersvorsorge.
Die Niedersächsische Landesregierung hat in der Drs. 16/358 die Beantwortung einer Reihe von Fragen mit Bezug auf § 30 AO verweigert, obwohl § 30 Abs. 5 AO Ausnahmen zulässt oder eine vertrauliche Unterrichtung möglich gewesen wäre. Bei den verweigerten Antworten ging es insbe-sondere um die Frage, ob bei der Göttinger Gruppe in der Vergangenheit Betriebsprüfungen durchgeführt wurden. Die Antwort auf Frage 9 lässt jedoch die Vermutung zu, dass nie Betriebsprü-fungen durchgeführt wurden, obwohl es frühzeitig Verdachtsmomente für einen Missbrauch des Steuerrechts gab.
Der ganze Fall wirkt wie die Chronik einer lange angekündigten Insolvenz. Offenbar hat das Anla-gemodell nur so lange funktioniert, wie ständig neue Kunden und frisches Geld geworben werden konnten. Anlagegelder sind offenbar in großem Stil in nicht investive Projekte (z. B. Fußballsponso-ring) geflossen, um das Schneeballsystem am Laufen zu halten. Die Insolvenz der Göttinger Grup-pe wäre dann eine quasi zwangsläufige Folge der Veruntreuung von Anlagegeldern und damit An-lagebetrug. Diese Entwicklung war offenbar schon Jahre vor der Insolvenz absehbar gewesen.
Offen bleibt die Frage, wann Landesregierung, Staatsanwaltschaft oder Justiz hätten eingreifen können oder eingreifen müssen. Die Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft Braunschweig und die
Einschätzung der Landesregierung werfen jedenfalls weitere Fragen auf. Die Landesregierung erklärt in der Drs. 16/358, dass (Zitat Antwort auf Frage 12) "In Ermangelung konkreter Hinweise auf strafrechtlich relevantes Verhalten der Verantwortlichen … kein Ermittlungsverfahren eingeleitet [wurde]" bzw. ein anderes Verfahren (Zitat Antwort auf Frage 13) "mangels hinreichenden Tatver-dachts eingestellt [wurde]."
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Warum wurde die Anfrage in der Drs. 16/358 von Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) be-antwortet?
2. Ist die Antwort mit dem Justizministerium abgestimmt worden?
3. Ist die Antwort mit der Staatskanzlei abgestimmt worden?
4. Ist das Niedersächsische Justizministerium in der Vergangenheit vom Präsidenten des Bun-desaufsichtsamtes für das Kreditwesen (Vorläufer des BaFin) über rechtswidrige Vorgänge bei der Göttinger Gruppe bzw. Securenta AG hingewiesen worden?
5. Wenn ja: Was war Inhalt dieses Schreibens oder dieser Gespräche?
6. Wenn ja: Was hat die Landesregierung nach Eingang dieser Hinweise veranlasst?
7. Hat das Bundeskriminalamt in der Vergangenheit die Staatsanwaltschaft Braunschweig auf rechtswidrige Vorgänge bei der Göttinger Gruppe bzw. Securenta AG hingewiesen?
8. Wenn ja: Wie wurden diese Hinweise beurteilt?
9. Wenn ja: Was hat die Staatsanwaltschaft nach Eingang dieser Hinweise veranlasst?
10. Sind der Landesregierung Gutachten bekannt geworden, die vom Prüfungsverband deutscher Banken e. V. zur Göttinger Gruppe bzw. Securenta angefertigt wurden?
11. Wenn ja: Was war Inhalt dieser Gutachten?
12. Wenn ja: Wie beurteilt die Landesregierung den Inhalt dieser Gutachten?
13. Sind der Staatsanwaltschaft Braunschweig Gutachten bekannt geworden, die vom Prüfungs-verband deutscher Banken e. V. zur Göttinger Gruppe bzw. Securenta angefertigt wurden?
14. Hat es im Zusammenhang mit der Göttinger Gruppe bzw. der Securenta in der Vergangenheit Strafanzeigen von Amtsträgern gegen die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Strafver-eitelung im Amt gegeben?
15. Wenn ja: Von wem und wie ist damit verfahren worden?
16. Wie hoch waren die Gesamteinahmen bzw. wie hoch sind Rückzahlungspflichten aus den An-lagegeldern der Göttinger Gruppe?
17. Wie hoch ist die Summe der Anlagegelder, die nach der Insolvenz noch verfügbar bzw. auf-findbar war (in bar, in Immobilien oder in sonstigen Anlagen)?
18. Wie hoch sind die Forderungen, die bis zum 30.11.2008 in die Insolvenztabelle eingetragen wurden, und wie hoch ist die Zahl der Gläubiger, die hinter diesen Forderungen stehen?
19. Welche internen oder externen Sachverständigen haben im Auftrag der Staatsanwaltschaft Braunschweig die hochkomplexen Anlageprospekte der Göttinger Gruppe auf Rechtmäßigkeit geprüft (ARD "plusminus": "Göttinger Gruppe - Alptraum ohne Ende", 08.07.2008)?
20. Zu welchem Ergebnis hat die Prüfung der Anlageprospekte der Göttinger Gruppe durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig geführt?
21. Hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig jeweils vor Ort geprüft, ob die Anlageprospekte der Göttinger Gruppe die jeweiligen Anlageobjekte und die betreffenden Risiken tatsächlich zu-treffend beschrieben haben?
(An die Staatskanzlei übersandt am 04.12.2008 - II/721 - 180)
Antwort der Landesregierung - Niedersächsisches Justizministerium Hannover, den 10.02.2009 - 7036 E – S 5. 8/08 -
Die Kleine Anfrage befasst sich erneut mit der Insolvenz der Göttinger Gruppe. Diese war bereits Gegenstand verschiedener Kleiner Anfragen (Drs. 14/1738 und 16/358). In der Sache wird der Staatsanwaltschaft Braunschweig (wiederum) vorgeworfen, etwaige Anzeichen der Insolvenz verkannt und insbesondere nicht rechtzeitig zum Schutz der "Anleger" gehandelt zu haben. Im Rah-men der Anfrage wird anhand zitierter Presseberichte über vermeintliche Versäumnisse der Straf-verfolgungsbehörden spekuliert, ohne dass die erhobenen Vorwürfe allerdings mit Substanz ausge-füllt werden. Nicht berücksichtigt wird dabei insbesondere, dass die Strafverfolgungsbehörden entsprechend § 152 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) erst und nur dann ein förmliches Ermittlungsverfahren einleiten dürfen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten vorliegen. Nur exemplarisch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig sehr intensiv die Frage geprüft hat, ob es sich bei dem Geschäftsmodell der Göttinger Gruppe um ein sogenanntes Schneeballsystem gehandelt hat. Im Ergebnis hat sie keine stichhaltigen Beweise dafür ermitteln können, dass Renditen bestehender Beteiligungen direkt aus Geldern neuer Beteiligungen finanziert werden. Insbesondere habe sich der Verdacht, dass Vermögenswerte (Immobilien, Unternehmensbeteiligungen und Wertpapiere) nicht werthaltig seien, nicht bestätigt. Ein (modifiziertes) Schneeballsystem habe nicht bestanden. Die Staatsanwaltschaft hat darüber hinaus alle weiteren Verdachtsmomente für strafbare Handlungen, wie beispielsweise Straften des Kapitalanlagebetruges (§ 264 a StGB) oder der Untreue (§ 266 StGB) sorgsam geprüft und einen Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO verneint. Bei der Beurteilung des Sachverhalts steht ihr zudem ein Beurteilungsspielraum zu, der nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Dienstaufsicht nur eingeschränkt zugänglich ist. Vor diesem Hintergrund und innerhalb die-ses rechtlichen Rahmens hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig fortlaufend alle ihr zugängli-chen Erkenntnisse auf ein mögliches strafbares Verhalten der Verantwortlichen der Göttinger Gruppe bzw. der Securenta AG geprüft, soweit dazu Anlass bestand. Insoweit wird ergänzend auch auf die Drucksachen 14/1738 und 16/358 Bezug genommen.
Dies vorangeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
1. Warum wurde die Anfrage in der Drs. 16/358 von Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) be-antwortet?
Die Kleine Anfrage in der Drucksache 16/358 berührte die Zuständigkeit mehrerer Ressorts. Welches Regierungsmitglied die an die Landesregierung gerichteten Fragen beantwortet, obliegt der Entscheidung der Landesregierung. Entsprechend hat Minister Hirche die Anfrage in der Drucksache 16/358 namens der Landesregierung beantwortet.
Zu 2:
2. Ist die Antwort mit dem Justizministerium abgestimmt worden?
Ja.
3. Ist die Antwort mit der Staatskanzlei abgestimmt worden?
Zu 3:
Ja.
3 Niedersächsischer Landtag – 16. Wahlperiode Drucksache 16/947
4. Ist das Niedersächsische Justizministerium in der Vergangenheit vom Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (Vorläufer des BaFin) über rechtswidrige Vorgänge bei der Göttinger Gruppe bzw. Securenta AG hingewiesen worden?
5. Wenn ja: Was war Inhalt dieses Schreibens oder dieser Gespräche?
6. Wenn ja: Was hat die Landesregierung nach Eingang dieser Hinweise veranlasst?
Zu 4 bis 6:
Das Niedersächsische Justizministerium (damals noch: Ministerium für Justiz und Europaangelegenheiten) ist durch Schreiben des Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 18.01.2000 um Überprüfung des seinerzeit bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig anhängigen Vorermittlungsverfahrens in Sachen "Göttinger Gruppe" bzw. "Securenta AG" gebeten worden.
In dem Schreiben vertrat der Präsident des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen die Auffassung, dass ein förmliches Ermittlungsverfahren u. a. wegen eines sogenannten modifizierten Schneeballsystems, der Untreue nach § 266 StGB und wegen Kapitalanlagebetruges nach § 264 a StGB einzuleiten sei. Das Justizministerium veranlasste daraufhin über den Generalstaatsanwalt in Braunschweig, dem die Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaft Braunschweig in erster Linie obliegt, eine entsprechende Prüfung durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig. Ergänzend wird insoweit auf die Vorbemerkung und auf die Antwort zu Frage 5 in der Drucksache 14/1738 Bezug genommen.
7. Hat das Bundeskriminalamt in der Vergangenheit die Staatsanwaltschaft Braunschweig auf rechtswidrige Vorgänge bei der Göttinger Gruppe bzw. Securenta AG hingewiesen?
8. Wenn ja: Wie wurden diese Hinweise beurteilt?
9. Wenn ja: Was hat die Staatsanwaltschaft nach Eingang dieser Hinweise veranlasst?
Zu 7 bis 9:
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ist im Zuge der Prüfung eines möglicherweise bestehenden Anfangsverdachts gegen Verantwortliche der Göttinger Gruppe bzw. der Securenta AG Anfang des Jahres 1999 mit dem Bundeskriminalamt in Kontakt getreten und hat sich des dortigen Sachverstandes bedient.
Die Staatsanwaltschaft stellte dem Bundeskriminalamt die vollständigen Vorgänge zur Verfügung, nach deren Prüfung das Bundeskriminalamt die Auffassung der Staatsanwaltschaft Braunschweig teilte, dass ein Anfangsverdacht gegen Verantwortliche der Göttinger Gruppe bzw. der Securenta AG wegen eines verbotenen Schneeballsystems oder wegen Kapitalbetruges gemäß § 264 a StGB nicht zu begründen sei.
10. Sind der Landesregierung Gutachten bekannt geworden, die vom Prüfungsverband deutscher Banken e. V. zur Göttinger Gruppe bzw. Securenta angefertigt wurden?
Zu 10:
Die Landesregierung erhielt im Jahr 1999 von der Staatsanwaltschaft Braunschweig den Bericht des Prüfungsverbandes Deutscher Banken e.V. bezüglich der im ersten Halbjahr 1999 bei der Se-curenta Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG und bei der Göttinger Gruppe Vermö-gens- und Finanzholding GmbH & Co. KGaA durchgeführten Prüfungen zur Kenntnis.
11. Wenn ja: Was war Inhalt dieser Gutachten?
12. Wenn ja: Wie beurteilt die Landesregierung den Inhalt dieser Gutachten?
Zu 11 und 12:
Die Prüfberichte des Prüfverbandes Deutscher Banken e. V. sind anlässlich der Beteiligung der Verantwortlichen der Göttinger Gruppe an der Partin Bank und des Verbleibs dieser Bank im Einla-gensicherungsfonds erstellt worden. Die darin getroffenen Feststellungen unterliegen der Ver-schwiegenheitspflicht nach § 9 Kreditwesengesetz (KWG). Eine Antwort zu Frage 11 und 12 ist da-her nicht möglich.
13. Sind der Staatsanwaltschaft Braunschweig Gutachten bekannt geworden, die vom Prüfungs-verband deutscher Banken e. V. zur Göttinger Gruppe bzw. Securenta angefertigt wurden?
Zu 13:
Siehe Antwort auf Frage 10.
14. Hat es im Zusammenhang mit der Göttinger Gruppe bzw. der Securenta in der Vergangenheit Strafanzeigen von Amtsträgern gegen die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Strafver-eitelung im Amt gegeben?
Zu 14:
Ja.
15. Wenn ja: Von wem und wie ist damit verfahren worden?
Zu 15:
Ein Beamter des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (damals: Landespolizeidirektion Stuttgart I) hat die sachbearbeitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Braunschweig mit Schreiben vom 17.01.2000 wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt nach § 258 a StGB und den seinerzeit zuständigen Abteilungsleiter wegen des Verdachts der Verleitung einer Untergebenen zu einer Straftat nach § 357 StGB angezeigt. Zuständig für die Prüfung der Strafanzeige wäre an sich die Staatsanwaltschaft Braunschweig gewesen. Um möglichen Befangenheitserwägungen bereits im Vorfeld zu begegnen, wurde stattdessen der Generalstaatsanwalt in Celle durch Entscheidung des Justizministeriums vom 02.03.2000 entsprechend der §§ 145, 147 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) mit der Prüfung der Vorwürfe beauftragt. Der Generalstaatsanwalt in Celle hat von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen, weil weder objektiv noch subjektiv tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten vorlagen. Insoweit verweise ich auch auf die Antworten zu Fragen 3 und 4 in der Drucksache 14/1738.
16. Wie hoch waren die Gesamteinahmen bzw. wie hoch sind Rückzahlungspflichten aus den An-lagegeldern der Göttinger Gruppe?
Zu 16:
Die "Anleger" der Göttinger Gruppe bzw. Securenta AG waren atypische oder typische stille Betei-ligte. Als Gesellschafter des Unternehmens haben sie im rechtstechnischen Sinne keinen Rückzah-lungsanspruch ihrer "Anlagen". Nach fristgemäßer Kündigung haben sie aber einen Anspruch auf Auseinandersetzung und Auszahlung ihres Anteils. Der Auszahlungsanspruch steht unter dem Li-quiditätsvorbehalt des Unternehmens.
Bekannt geworden sind der Staatsanwaltschaft Braunschweig bislang Einzahlungen in einer Ge-samthöhe von 1 054 025 023 Euro (bis 04/2007). Darin enthalten sind auch wieder angelegte Ent-nahmen der stillen Beteiligten.
Auszahlungen sind der Staatsanwaltschaft Braunschweig bislang in einer Gesamthöhe von 9 49 741 Euro bekannt geworden (bis 04/2007).
17. Wie hoch ist die Summe der Anlagegelder, die nach der Insolvenz noch verfügbar bzw. auf-findbar war (in bar, in Immobilien oder in sonstigen Anlagen)?
18. Wie hoch sind die Forderungen, die bis zum 30.11.2008 in die Insolvenztabelle eingetragen wurden, und wie hoch ist die Zahl der Gläubiger, die hinter diesen Forderungen stehen?
Zu 17 und 18:
Die Fragen können nicht ohne Verletzung der Grundsätze des § 4 Insolvenzordnung (InsO) in Verbindung mit § 299 der Zivilprozessordnung (ZPO) beantwortet werden. Aus den Vorschriften ergibt sich, dass es sich bei Insolvenzverfahren (verschärft bei solchen, die noch nicht abgeschlossen sind) um sogenannte parteiöffentliche Verfahren handelt, zu deren Akten und Aktenbestandteilen in erster Linie nur am Verfahren Beteiligte oder (eingeschränkt) Personen mit einem rechtlichen Interesse Zugang haben. Über diesen Zugang entscheidet nach § 299 Abs. 2 der ZPO der "Vorstand"des Gerichts in dessen Akten eingesehen werden soll. Mit der Einschränkung wird den Datenschutzinteressen betroffener Schuldner aber auch denjenigen der Gläubiger Rechnung getragen. Ohne eine Auswertung der Daten aus der Akte des laufenden Insolvenzverfahrens, und damit einer Weitergabe von grundsätzlich geschützten Informationen, ist eine Beantwortung der Fragen nicht möglich.
19. Welche internen oder externen Sachverständigen haben im Auftrag der Staatsanwaltschaft Braunschweig die hochkomplexen Anlageprospekte der Göttinger Gruppe auf Rechtmäßigkeit geprüft (ARD "plusminus": "Göttinger Gruppe - Alptraum ohne Ende", 08.07.2008)?
Zu 19:
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat keine externen Sachverständigen mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anlageprospekte der Göttinger Gruppe beauftragt. Im Rahmen ihrer Prüfungen sind gutachterliche Stellungnahmen namhafter Rechtswissenschaftler, die von verschiedenen Zivil-gerichten in Auftrag gegeben worden waren, beigezogen und ausgewertet worden. Des Weiteren hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig die Emissionsprospekte fortlaufend bis zur Einstellung des Emissionsgeschäftes im Jahr 2000 insbesondere unter dem strafrechtlichen Gesichtspunkt des Kapitalanlagebetruges nach § 264 a StGB durch hausinterne Wirtschaftsreferenten und Buchhalter prüfen lassen.
20. Zu welchem Ergebnis hat die Prüfung der Anlageprospekte der Göttinger Gruppe durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig geführt?
Zu 20:
Die Prüfung der Emissionsprospekte hat keine Anhaltspunkte für vorsätzliche Tathandlungen im Sinne des § 264 a StGB ergeben.
21. Hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig jeweils vor Ort geprüft, ob die Anlageprospekte der Göttinger Gruppe die jeweiligen Anlageobjekte und die betreffenden Risiken tatsächlich zu-treffend beschrieben haben?
Zu 21:
Die wirtschaftliche Situation der Göttinger Gruppe und ihrer Gruppenunternehmen lag der Staats-anwaltschaft Braunschweig offen. Die grundlegenden Unternehmenszahlen waren zuvor bereits vom Prüfverband Deutscher Banken e. V. ermittelt worden. Diese Zahlen stimmten wiederum mit den Zahlen überein, die unabhängige Wirtschaftsprüfer in den Jahresabschlüssen der betreffenden Firmen testiert hatten. Letztere haben ausdrücklich mitgeteilt, die Zahlen selbst ermittelt und nicht kritiklos von den Verantwortlichen der Göttinger Gruppe übernommen zu haben. Die testierten Jah-resabschlüsse haben die Prüfer des Prüfverbandes Deutscher Banken e. V. ebenfalls bestätigt.
Soweit es Differenzen zur Einschätzung der wirtschaftlichen Situation der Göttinger Gruppe gege-ben hat, beruhten diese auf der Anwendung unterschiedlicher Bilanzierungsmethoden und der ab-weichenden Bewertung von Vermögenswerten. Trotz der an sich offenen Zahlen ist die Verwen-dung der Anlagegelder von der zuständigen Wirtschaftsreferentin der Staatsanwaltschaft Braun-schweig umfassend geprüft worden. Die Immobilienwerte sind anhand von Bewertungsgutachten und durch polizeiliche Ermittlungen vor Ort verifiziert worden.
Bernd Busemann
(Ausgegeben am 19.02.2009)
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