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Fragen
Grüne: dreiunddreißig Fragen zu Südspange

06.02.2009 Seit über einem Jahr sollte die Verwaltung laut Ratsbeschluss für den Göttinger Süden stadtplanerisch tätig werden und hat nach Lesart des Prüfkatalogs nur schlampige Arbeit abgeliefert. Die Ratsfraktion der Grüne sieht sich zu dreiunddreißig Fragen genötigt, um die Aspekte Naherholungsgebiet, Finanzierung und verkehrtechnischen Nutzen endlich aufklären zu lassen.

 
Emailnachricht: Kontaktlink zu Ratsfraktion der Grünen [ Homepage ] (- Jürgen Bartz)
 

Göttinger Ratsfraktion der Grünen:

Dieses Papier steht im Internet unter www. gruene-goettingen.de/stadtratsfraktion/

Prüfkatalog Süd-West-Entwicklung

Mit dem Ratsbeschluss 803 vom 6.7.2007 hat die Verwaltung den folgenden Auftrag erhalten
1. Der Rat der Stadt Göttingen beauftragt die Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Rosdorf und ggf. weiteren notwendigen Beteiligten (z B Gemeinde Friedland, Leineverband) ein rasch umsetzungsfähiges Konzept zur Erweiterung des Naherholungsgebietes Kiessee - einschließlich einer langfristigen Option auf die Erweiterung der Seefläche - zu erarbeiten und hierfür ein Finanzierungskonzept zu erstellen. Insbesondere die Bedürfnisse Jugendlicher und Studierender an Freizeit und Erholung sind bei dieser Planung zu berücksichtigen.
2. Parallel dazu wird nach der Inbetriebnahme der A 38 und der in Kürze anstehenden Fertigstellung der Südostumfahrung Rosdorf gemeinsam mit dem Landkreis Göttingen und ggf. weiteren beteiligten Gebietskörperschaften die veränderte Verkehrssituation im Göttinger Süden untersucht. Hierbei sind Lösungen für evtl. weiter bestehende Probleme im Straßenverkehrsnetz zu erarbeiten, die auch Verkehrsberuhigungsmaßnahmen im Umfeld des Näherholungsgebietes einbeziehen und sicherstellen, dass das Verkehrsaufkommen in Geismar nicht wächst."

Die Verwaltung hat danach fast anderthalb Jahre Zeit gehabt, auf der Basis von "grünen Stadtentwicklungskonzepten" verantwortbare und entscheidungsfähige Studien zu entwickeln und hierfür die vom Rat beschlossenen Finanzierungskonzepte vorzulegen. Sie hätte dabei sogar auf eigene jüngere Vorarbeiten zurückgreifen können.
Die Verwaltung verzichtete jedoch auf stadtplanerische Vorarbeiten dieser Art und zäumt stattdessen nun das Pferd von hinten auf, als millionenschweres singuläres Einzelbauprojekt ohne Einbindung in ein integriertes Gesamtkonzept. So präsentierte Oberbürgermeister Wolfgang Meyer im Rat einen Haushaltsplanentwurf, der Planungsmittel für den Bau einer Spange vorsieht. In ihren Ausführungen am 30.10. und am 4.12.08 im Bauausschuss versuchte die Verwaltung zumindest Teilaspekte dieses Projektes zu erläutern. Statt jedoch Klarheit zu schaffen über Grundlagen und Ziele des eigenen Handelns offenbarte sie gravierende Planungslücken, die Anlass geben zu weiteren Fragen. Die Ausführungen ließen den Eindruck entstehen, die zuständigen Planer handeln nach dem Motto: "Wir greifen bei den Schnäppchen der auslaufenden GVFG-Mittel zu und bauen noch schnell eine neue Straße. Mal schauen was dabei rauskommt." Als plumper Köder für die Politik diente das fragliche Argument, die Spange könne als erlösende Bedarfsumleitung für die A7 dazu genutzt werden, den Verkehr der A7 um Göttingen herumzuleiten. Folgerichtig wurden von der Verwaltung in den Haushaltsentwurf 2009 für die "Verbindungsstraße B27/OU Rosdorf –Baumaßnahmen" 150.000 Euro als Planungsmittel eingestellt (S. 421) und weitere 5.5 Mio. € für den Haushalt 2010 (S. 450) zur baulichen Umsetzung. Welche Denkweise hinter derartigen Planungen steht, belegt die Tatsache, dass gleichzeitig für die "Umgestaltung Kiessee-Süd/ Baumaßnahmen" im Haushaltsentwurf (S. 465) ganze 1000 Euro etatisiert wurden. Zu allem Überfluss wurde die Politik – obwohl das Ende des Förderzeitraums seit Jahren absehbar war – kurzfristig unter Druck gesetzt. Anfang Januar gefälligst "Hopp oder Topp" (Zitat Stadtbaurat Dienberg am 4.12.2008 im Bauausschuss) über die Freigabe der Planungsmittel für die Spange zu entscheiden.
Diese Politik ist schlicht ein Ärgernis! Unseres Erachtens wird mit dieser Verfahrenweise erheblich gegen die Logik von Stadtentwicklungsprinzipien verstoßen. Straßenbau darf nicht der Ausgangspunkt von Stadtentwicklung sein, sondern muss – wenn er überhaupt notwendig ist - das Ergebnis umfassender komplexer Abwägungsprozesse sein.
Trotz dieser wenig erfreulichen Erfahrungen werden sich die GRÜNEN der Diskussion über eine städtebauliche Entwicklung des Göttinger Südens nicht entziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass Stadtentwicklungsziele, wie sie beispielsweise in Ratsbeschluss 803 formuliert wurden (z.B.: mit dem Satz "die Bedürfnisse Jugendlicher und Studierender an Freizeit und Erholung (sind) zu berücksichtigen") ernst genommen und empirisch unterlegt werden, um daraus Planungsalternativen entwickeln und öffentlich zur Diskussion stellen zu können. Auch sind in jedem Falle die Auswirkungen formulierter Zielsetzungen und Planungen kritischen Prüfprozessen zu unterwerfen, insbesondere in Hinblick auf nachhaltige ökologische, ökonomische, verkehrliche und stadt- und gesellschaftliche Folgen. Solch ein Vorgehen macht nur Sinn, wenn am Anfang einer Prüfung nicht schon feststeht, was am Ende rauskommt, das Ergebnis also ideologisch vorgegeben ist, z.B. das Festhalten am Bau einer Straße. Wenn wir im Folgenden Fragen und Aufgabenstellungen formulieren, so erwarten wir, dass sie mit Ernsthaftigkeit behandelt werden und ihre Beantwortung gegebenenfalls zur Falsifizierung bisher geäußerter Thesen und Annahmen führen kann.

Unsere Fragen an die Verwaltung

I. Grundlegung und Darstellung des Planziels Naherholung, Freizeit und Stadtgrün im Südwesten der Stadt und der Gemeinde Rosdorf.

1. Wie sieht das mit dem Ratsbeschuss 803 geforderte und mit den Gemeinden Rosdorf u. Friedland abgestimmte Entwicklungskonzept aus?
2. Welche Bedeutung haben bei der Entwicklung des nötigen langfristig wirksamen Gesamtkonzeptes das Göttinger Grünkonzept und das Brandi-Konzept? Dieses sah über die Grenze zur Gemeinde Rosdorf hinaus die Erweiterung des Kiesseeareals unter Einbeziehung des Bachlaufs der Rase vor (wie in der Verwaltungsvorlage vom 30.10.2008 zur A7-Umleitung auf der letzten Seite rot markiert).
3. Wie kann sichergestellt werden, dass die Option einer Kiesseeerweiterung nach Süden und Norden zukünftigen Generationen nicht verbaut wird?
4. Wie könnte eine Erweiterung des Kiesseeareals im Sinne eines "Leineparks" dazu genutzt werden, die Funktion dieses Gebietes für Ökologie und Naherholung (z.B. Wassersport u.a. Freizeiterwartungen) zu stärken und positiv zu entwickeln?
5. Welche spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen von Jugendlichen und Studierenden an Freizeit und Erholung sind bei der Fortentwicklung des Südwestens zu berücksichtigen? Welche anderen spezifischen Zielgruppen gibt es und wie können sie in den Planungsprozess sinnvoll eingebunden werden?
6. Welche positiven Effekte könnte eine dauerhafte Schließung des Sandwegs für den Durchgangsverkehr (Ausnahmeregelungen für Busse), wie sie bei Hochwasser in der Vergangenheit regelmäßig auftrat, für Naherholung, Freizeit und Lebensqualität haben?
7. Wie könnte ein Zeitplan für die Realisierung geplanter "Grünmaßnahmen" aussehen?

II. Finanzierung GRÜN

8. Wie hoch sind die voraussichtlichen Kosten für gestaltende Maßnahmen im Rahmen der Süd-West-Entwicklung Göttingens?
9. Welche Kosten für die Realisierung dieses Konzeptes sind kalkuliert und sollen in welchem Zeitraum etatisiert werden?
10. Mit welchen Kosten wird langfristig für die in den Zielen des Haushaltsentwurfs 2009 angesprochene Kiesseeerweiterung gerechnet? Welche Fördermittel könnten ggf. eingeplant werden?

III. Untersuchung möglicher Auswirkungen dieser Stadtentwicklung und der aktuellen verkehrlichen Situation.

11. Welche Möglichkeiten erwägt die Verwaltung, überlastete Straßen und Verkehrsknotenpunkte durch gezielte Förderung alternativer Verkehrsmittel, insbesondere des Fahrrads und des ÖPNV zu entlasten? Mit welchen Kosten wäre die Umsetzung dieser Maßnahmen verbunden?
12. Mit welchen Folgen für den Regional- und Stadtverkehr (insbesondere auf der Kassler Landstr., Bürgerstr., Danziger Str., Reinhäuser Landstr., Kiesseestr., Jhringstr. und anderen innerstädtischen Straßen), für Naherholung und Emissionen wäre bei einer Realisierung des geplanten Vollausbaus der Autobahnabfahrt Mengershausen zu rechnen
a) bei gleichzeitiger Sperrung des Sandweges?
b) ohne Sperrung des Sandweges?
13. Wie wurden bei den verkehrlichen Untersuchungen und integrierten verkehrlichen Planungen folgende Aspekte berücksichtigt:
a) Klimaschutzziele (u. a. CO2-Minderung im Verkehr um 40 % bis 2020, Basis:1990),
b) die Entwicklung der Treibstoffkosten,
c) die demographische Entwicklung in Stadt und Landkreis?
14. Wie oft war in den vergangenen Jahren eine Bedarfsumleitung des Verkehrs der A7 durch Göttingen notwendig?
15. Ist nach dem dreispurigen Ausbau der A7 noch mit nennenswerten Umleitungen des Autobahnverkehrs zu rechnen und welche in Zahlen darstellbaren Folgen haben diese Sperrungen für zukünftige Belastungen im Göttinger Straßennetz?
16. Welche Folgen hätte eine neue Nordabfahrt (Rosdorf/Mengershausen) für die zeitweise stark belastete Auf-/Abfahrt Göttingen/Dransfeld und die Kreuzungen am Kaufpark?
17. Welche Bedeutung käme der Auf-/Abfahrt Mengersgausen im Hinblick auf das im Aufbau befindliche "Logistikzentrum Siekanger" zu?
18. Die Verwaltung hat erklärt die Entwicklung des Südwestens (insbesondere die Verbindungsspange) auf der Rechtsgrundlage von Bebauungsplänen und nicht im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens abwickeln zu wollen. Welche Argumente haben bis dahin bei der Abwägung eine Rolle gespielt?
19. Welche gegebenenfalls "unbequeme" und derzeit im Raumordnungsprogramm nicht vorgesehenen Alternativen zur derzeit favorisierten Trassenführung sind denkbar. Welche Vor- bzw. Nachteile hätten sie?
20. Wie gedenkt die Verwaltung mit der Tatsache umzugehen, dass das Plangebiet weitgehend im Überschwemmungsbereich, in der Wasserschutzzone bzw. im Landschafsschutzgebiet liegt?
21. Welche Folgen für Naherholung, Freizeit und Emissionsschutz hätten die A7-Umleitungen und die damit verbundene Spange für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Rosdorf?
22. Ist die Gemeinde Rosdorf mit der geplanten Nutzung "ihrer Straßen" für A7-Umleitungen einverstanden? Unter welchen Bedingungen?
23. Sind die für die Widmung zu A7-Umleitungen zuständigen Behörden mit den Umlegungen einverstanden? –Unter welchen Bedingungen?
24. Welche verkehrliche Bedeutung käme der Spange in Hinblick auf das "Logistikzentrum Siekanger" und "Kaufparkkreuzung" zu?
25. Welche Auswirkungen für Emissionen in Richtung Grone-Süd kämen dem Ausbau Mengershausen und der Nutzung von A7-Umleitungen zu?

IV. Finanzierung Straße

26. Wie hoch sind die avisierten Kosten für Planung und Bau von Straßenprojekten? Wie sieht das geplante Finanzierungskonzept (Zeitplan und Stadtanteile) für die nächsten Jahre aus?
27. Wie begründet sich die Aussage der Verwaltung, dass für Straßenbaumaßnahmen mit einer Bezuschussung in Höhe von 80% aus KES-Mitteln zu rechnen ist (Aussage der Verwaltung im Bauausschuss am 22.1.2009). Was sagen die zuständigen Genehmigungsbehörden dazu und gibt es verbindliche Zusagen?
28. Im Bauausschuss am 22.1.2009 hat die Verwaltung das Szenario einer "Vorfinanzierung durch die Stadt" bei späterer Refinanzierung aus Fördermitteln skizziert. Aus welchen Fördertöpfen soll diese Vorfinanzierung nachträglich zu welchem Anteil bezuschusst werden. Gibt es rechtsverbindliche Zusagen und Sicherheiten, dass mit der Bereitstellung entsprechender Fördermittel tatsächlich zu rechnen ist?
29. Die Verwaltung beabsichtigt erklärtermaßen (30.10. im Bauausschuss) "Restmittel" aus dem 2010 auslaufenden Förderprogramm des Gemeindestraßenfinanzierungsgesetzes (GVFG) und des noch bis 2013 laufenden Nachfolgeprogramms auf der Grundlage des Entflechtungsgesetzes für Straßenbaumaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Aus diesem Grunde läge ein objektiver Zeitdruck vor, der der Politik vorgehalten wird, jetzt schnell entscheiden zu müssen. Wie begründet sich dieser von der Verwaltung mehrfach vorgetragene Zeitdruck?
30. Ursprüngliche Aussage der Verwaltung war: Um Fördermittel zu erhalten müsse die Straße bis 2010 geplant, gebaut und abgerechnet sein. Wenn der Zeitdruck tatsächlich so hoch ist: Wer trägt das finanzielle Risiko für den möglichen Ausfall der Fördermittel, wenn sich die Umsetzung nach Auftragsvergabe durch Planungsfehler, Verzögerungen bei der Bauausführung oder Gerichtsverfahren mit aufschiebender Wirkung (z.B. Verbandsklage) über das Ende des Förderzeitraums in die Länge zieht?
31. Die Stadt hat, z.B. für die Kommunale Entlastungsstraße (KES) Holtensen, den Friedländer Weg, die Reinhäuser Landstraße, das GVZ, die Kaufparkkreuzung und die B27 u.a. Straßenbau- und sanierungsprojekte, die bis zum Ende des Förderzeitraums durchzuführen sind, bereits zum jetzigen Zeitpunkt deutlich mehr Mittel verplant und beantragt als der Stadt vom Land an GVFG-Mitteln in Aussicht gestellt wurden. Wie findet diese Tatsache bei den Abwägungen der Stadt Berücksichtigung?
32. Welche bisher projektierten Maßnahmen oder sonstigen städtischen Investitionen (z.B. Sanierung öffentlicher Gebäude und Schulen) würden gegebenenfalls von der Stadt zurückgestellt oder vollständig gestrichen, um angeblich vordringliche Straßenbaumaßnahmen im Südwesten zu finanzieren?
33. Es wird in Aussicht gestellt, dass durch den Bau einer Spange der bei Sperrungen und Staus auf der A7 auftretende Umleitungsverkehr nicht mehr durch das Stadtgebiet sondern über die neue Straße gelenkt werden könnte. Dies setzt jedoch voraus, dass der Verkehr dieser dauerhaft einzurichtenden Bedarfsumleitungen auch über Straßen gelenkt wird, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen. Dies gilt z.B. für die unlängst fertig gestellten und als Bedarfsumleitung zu schmalen Ortsumfahrten Rosdorf. Welche Baumaßnahmen an diesen Straßen und Brücken sind für die dauerhafte Verlegung der Bedarfsumleitungen notwendig? Sind derartige Baumaßnahmen mit dem Landkreis Göttingen und den betroffenen Gemeinden abgestimmt? Wie hoch sind die Kosten und Folgekosten und wer trägt sie?

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[Nachtrag -
12.02.2009Korrektur des Herausgebernamen]

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