geändert am 21.03.2007 - Version Nr.: 1. 43
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Antrag: Wir machen das Klima - Nachhaltig für Niedersachsen: Konsequente Klimaschutzkonzepte im Verkehrsbereich
1. März 2007
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Hannover, den 28.02.2007
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Landtag stellt fest:
1. Der Landtag stellt sich der Herausforderung durch den globalen Klimawandel, setzt sich ehrgeizige Ziele und verpflichtet sich zu konsequentem Handeln im Verkehrsbereich. Der Landtag sieht die Notwendigkeit, in wichtigen Schlüsselindustrien die Technologieführerschaft anzustreben, um möglichst umweltfreundliche Produkte und Konzepte zu realisieren und niedersächsische Unternehmen im regionalen und globalen Wettbewerb zukunftsfähig zu machen.
2. Die Automobilhersteller sollen in den Handel mit Verschmutzungsrechten einbezogen werden, um die verursachergerechte Umlegung von Kosten und von Transportpreisen im Individual- und Güterverkehr und damit die Umlegung der externen Kosten der Volkswirtschaft, zu ermöglichen.
3. "Toprunner-Programme", die neue Produkte jeweils an den effizientesten ihrer Klasse messen und die Produktion veralteter Technologie nach einer Frist vom Markt nehmen, können die Innovationszyklen erheblich beschleunigen.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, kurzfristig Konzepte vorzulegen, um im Rahmen der Klimaschutzstrategie im Verkehrsbereich folgende Maßnahmen und Projekte zu realisieren:
1. Technologieführerschaft als ökologische Notwendigkeit und ökonomische Chance
1.1 Die niedersächsische Automobil- und Zulieferindustrie wird dabei unterstützt, dass zukünftig das umweltfreundlichste, effizienteste und sparsamste Auto der Welt in Niedersachsen gebaut wird.
1.2 In enger Kooperation zwischen Fahrzeugindustrie, Wissenschaft, Maschinenbauindustrie und Landwirtschaft sind Produktionsketten für effiziente Biokraftstoffe zu fördern. Ein Schwerpunkt liegt dabei in Biokraftstoffen, die regional erzeugt und vermarktet werden und in Biokraftstoffen der zweiten Generation, die aus jeder Form der Biomasse gewonnen werden können, wie z. B. Biomass-to-Liquid oder Bioethanol aus Holz oder Stroh.
1.3 Die Aktivitäten zum Ausbau eines Kompetenzzentrums Brennstoffzelle müssen im Rahmen einer bundes- und europaweit abgestimmten Strategie verstärkt werden. Brennstoffzellen sind Schlüsseltechnologien, die die künftige Energieversorgung grundlegend verändern und das Potenzial besitzen, den Verbrennungsmotor abzulösen.
2. Umbau des heutigen Verkehrs zu einem modernen, energieeffizienten und kundenfreundlichen Transportwesen
2.1 Um eine möglichst hohe CO2-Minderung durch Vermeidung motorisierten Individualverkehr zu erreichen, muss eine effiziente und verlässliche Förderung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs gewährleistet werden. Die Kürzungen des Bundes bei den Regionalisierungsmitteln sind deshalb so lange vom Land auszugleichen, bis alle Nahverkehrsleistungen in Niedersachsen durch Ausschreibungen in den Wettbewerb eingebracht worden sind und so zumindest die bisherigen Angebotsstandards flächendeckend gehalten werden können.
2.2 Zur Vernetzung der Verkehrsmittel sind MobilCards und ein landesweiter Tarifverbund im ÖPNV wichtige Instrumente. Ein erfolgreiches Beispiel dafür startete im November 2004 in Hannover (HANNOVERMobil). Mittelfristig sollte es landesweit geltende MobilCards geben, die die Nutzung einer größtmöglichen Auswahl verschiedener Verkehrsmittel (Bus, Bahn, Fernzug, Taxi, Car Sharing, Car Rental, Mietrad) erlauben. Dabei sind auch innovative Preismodelle gefragt, die sicherstellen, dass Kosten nur dann anfallen, wenn das gewählte Verkehrsmittel auch genutzt wird.
2.3 Ein notwendiges Teilziel zur Erreichung der CO2-Reduzierung ist die Verlagerung von Transporten von den klimaschädlichen Verkehrsmitteln Auto, Lkw und Flugzeug auf die klimaschonenden Verkehrsmittel Bahn, Binnen- und Küstenschiffe und innerstädtischen Radverkehr. Dazu soll die Nutzung der klimafreundlicheren Verkehrsmittel in Niedersachsen jährlich um ein Prozent erhöht werden. Alle verkehrsrelevanten Maßnahmen sind entsprechend auszurichten.
2.4 Durch die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe werden Transportdistanzen und Transportwege reduziert. Eine Verminderung des Verkehrs auf der Straße ist möglich durch eine verbesserte Logistik im LKW-Verkehr (z.B. zur Vermeidung von Leerfahrten), faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Logistikbranchen unter Einbeziehung der klimarelevanten Kostenbelastungen und durch eine entsprechende Infrastrukturpolitik (Ausbau von Güterverkehrszentren u.a.). Dazu gehört z. B. auch eine Raumordnung, die sich orientiert an der "Stadt der kurzen Wege" verbunden mit einer klaren Priorität für den öffentlichen Verkehr.
2.5 Gezielt eingesetzte Tempolimits sollen zur Verstetigung, Sicherheit und Schadstoffminimierung des Straßenverkehrs beitragen. Innerorts ist neben einer Ausweitung der Tempo-30-Zonen vermehrt auf "shared space" Konzepte zurückzugreifen. Diese Konzepte führen bei entsprechendem Umbau des Verkehrsraumes mit gleichzeitigem Abbau verzichtbarer Verkehrszeichen zu einer gleichberechtigten Nutzung durch alle Verkehrsteilnehmer. Auf den Autobahnen in Niedersachsen sind durch eine flächendeckende telematische Verkehrslenkung und -überwachung sicherheits-, kapazitäts- und emissionsoptimierte Geschwindigkeitsvorgaben zu ermöglichen.
3 Steuer- und finanzpolitische Maßnahmen
3.1 Über den Bundesrat wird eine klimaschutzorientierte Umwandlung der KFZ-Steuer unterstützt. Kraftstoffverbrauch und gefahrene Streckenkilometer sollen künftig gerechter besteuert werden, die umweltpolitische Steuerungswirkung muss erhöht und die Steuererhebungskosten minimiert werden. Bei einem Steuertausch mit dem Bund ist eine angemessene Kompensation zu vereinbaren.
Begründung
Insbesondere die CO2-Emissionen aus dem Straßen- und Luftverkehr sind in den letzten Jahren weiter gewachsen, während die Emissionen aus anderen Sektoren wie Energieversorgung, Industrie und Landwirtschaft gesunken sind. Jede fünfte Tonne Kohlendioxid in der EU stammt aus dem Straßenverkehr, die Hälfte davon entfällt auf PKWs. Es ist daher höchste Zeit, auch im Verkehrsbereich den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu verringern.
Mobilität im Sinne von Freizügigkeit und freiem Warenaustausch ist Bedingung eines freien, zusammenwachsenden Europas. Umso dringender ist die Aufgabe in einem Transitland wie Niedersachsen, ein nachhaltiges Verkehrswesen zu entwickeln, das die Bewegungsfreiheit der Menschen und Warenströme garantiert, aber auch die umwelt- und klimabelastenden Folgen des Verkehrs beherrschbar macht.
Schon heute produziert China mehr Autos als Deutschland und das bisher fast ausschließlich für den heimischen Markt. Für die niedersächsische Automobilindustrie ändern sich die Voraussetzungen daher gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen wächst mit China mittelfristig ein mächtiger Konkurrent für kostengünstige Automobile heran. Zum anderen wird der Druck auf energiesparsamste Antriebstechnik durch die Verknappung des Öls massiv zunehmen. Hier liegen Chancen und Risiken für die niedersächsische Automobilindustrie. Ihren Markenimagevorsprung, der Preisaufschläge erlaubt, wird sie nur halten können, wenn zukünftig die innovativsten, und das heißt vor allem die sparsamsten Fahrzeuge aus Niedersachsen kommen.
Vielfältige Maßnahmen und Instrumente können die CO2-Emissionen des Verkehrssektors deutlich vermindern. Niedersachsen ist stark im Fahrzeugbau, viele Zulieferer haben ihren Firmensitz in Niedersachsen. Werden die Automobile und Mobilitätssysteme der Zukunft vor allem auch in Niedersachsen entwickelt und gebaut, sind auch die Perspektiven für die Zukunft der niedersächsischen Automobilwirtschaft samt ihrer Arbeitsplätze positiv. Umgekehrt gilt: Wird die Abhängigkeit vom Erdöl nicht drastisch gesenkt durch innovative technische Lösungen, muss man sich Sorgen machen um die Exportchancen und damit um den Automobilstandort.
In der globalisierten Welt wird derjenige die Zukunftsmärkte gewinnen, der auf die Herausforderungen von morgen schon heute mit innovativen Entwicklungen aufwarten kann.
Fraktionsvorsitzender
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