geändert am 09.11.2006 - Version Nr.: 1. 89

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Stadt Göttingen

~ Dr. Dieter Porth - Göttingen

Die Grünen wollen im Rahmen einer Kampagne mehr Integrationsklassen, also Klassen mit behinderten und nichtbehinderten Kindern, erreichen. Dazu wollen sie am Freitag in der Ratssitzung einen entsprechenden Antrag stellen. In Kooperation mit der Landesschulbehörde soll die Stadtverwaltung die Beschulung von behinderten Kindern an den Regelschule ausweiten.

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Pressemitteilung Kontaktlink zu Die Grünen - Stadtratsfraktion [ Homepage ]

[Göttingen - 02.11.06] [Quelle: Email]

GRÜNE: Beschulung behinderter Kinder an Gymnasien und Realschulen muss zur Regel werden
Göttingen: In einem Antrag für die Ratssitzung am 10. September 2006 wollen die GRÜNEN die Stadtverwaltung beauftragen, in Kooperation mit der Landesschulbehörde die Beschulung von behinderten Kindern an den Göttinger Regelschulen deutlich auszuweiten. Die Grünen bemängeln, dass bisher nur 8 von 21 Grundschulen mit einer sonderpädagogischen Grundversorgung ausgestattet sind. In den Sekundarstufen I und II könnten lediglich die beiden Göttinger Gesamtschulen ein Integrationsangebot zur Verfügung stellen, nicht jedoch den Bedarf abdecken. "Allen Kindern müssen gleiche Bildungschancen eröffnet werden.   Kommentarpiktogramm  Der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung in den allgemeinen Schulen muss zur Regel werden", sagte der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN Rolf Becker.
Keinesfalls dürfe weiter zugelassen werden, dass behinderte Kinder mangels ausreichendem Integrationsangebot automatisch in die Förderschulen verwiesen werden. Damit würden Schulkarrieren zum Nachteil der betroffenen Kinder und Eltern festgelegt. Die GRÜNEN fordern deshalb in ihrer Ratsinitiative eine flächendeckende Integration von behinderten Kindern an Grundschulen und die Schaffung eines bedarfsgerechten Integrationsangebotes an Realschulen und Gymnasien. Angesichts knapper Ressourcen und rückläufiger Schülerzahlen müssten schrittweise die Primärstufen der Förderschulen in die Grundschulen überführt werden.
Seit vielen Jahren gebe es nicht nur in Göttingen positive Erfahrungen mit Unterricht an allgemeinen Schulen, in dem Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam mit anderen Kindern lernen. Die Erfahrung würde zeigen, dass alle Kinder vom gemeinsamen Unterricht profitieren würden. Das Schulgesetz sehe den Vorrang gemeinsamen Schulbesuchs vor. Leider gebe es bei der Umsetzung dieses Grundsatzes ein deutliches "Vollzugsdefizit".


Antrag für die Ratssitzung am 10.11.2006

Weiterentwicklung des Regionalen Integrationskonzeptes (RIK) Göttingen
- Integration von Behinderten an Schulen in Stadt und Landkreis, insbesondere auch an Gymnasien und Realschulen

Der Rat möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt,
1. in Abstimmung mit dem Landkreis Göttingen zusammen mit der Landesschulbehörde darauf hinzuwirken, dass alle Grundschulen in Stadt bzw. dem Landkreis Göttingen am Regionalen Integrationskonzept (RIK) Göttingen teilnehmen. Eine "Pool-Lösung" ist dabei zu berücksichtigen (s. u. Begründung und Anlage).
2. ein terminiertes Konzept zu erarbeiten,
--- so dass die Integration der Kinder mit Behinderung (Förderbedarf ‚Lernen', ‚Sprache'‚und ‚emotional-soziale Entwicklung') an Grundschulen räumlich und sächlich sichergestellt und möglich wird.
--- so dass durch zu entwickelnde räumliche und sächliche Bedingungen an allen weiterführenden Schulen mittelfristig behinderte Kinder z.B. in sog. Integrations-Klassen aufgenommen werden und gemeinsam mit nicht behinderten Kindern am Unterricht teilnehmen können;
--- dass auch an den Göttinger Gesamtschulen in jedem Jahrgang der Klassen 5-10 Integrationsklassen, ggf. auch ausgelagerte Förderklassen (durch Kooperation) eingerichtet werden können.
3. mit den Schulen und den Elternvertretungen (u.a. auch den Interessenvertretungen der Betroffenen) bei der Landesregierung darauf hinzuwirken, dass die zur Integration nötigen personellen Fach-Ressourcen bereitgestellt werden.
4. die personelle Ausstattung für die Vervollständigung des Regionalen Integrationskonzeptes Göttingen beim Kultusministerium zu beantragen.
5. im öffentlichen Schulausschuss und Bauausschuss mindestens vierteljährlich über den Stand der obigen Aufgaben zu berichten.
6. über das Angebot von gemeinsamem Unterricht behinderter und nicht behinderter Kinder in der Broschüre "Schulbildung in Göttingen" zu informieren.

Begründung:
Mit der Einfügung des § 4 in das Schulgesetz 1993 hat der niedersächsische Gesetzgeber den Vorrang der integrativen Erziehung und der integrativen Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern gegenüber dem Besuch von Förderschulen begründet (Regel-Ausnahme-Verhältnis). Ihre besondere Bedeutung erfährt die integrative Zielsetzung des Niedersächsischen Schulgesetzes im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsverbot, das 1994 in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen wurde (Artikel 3, Absatz 3, Satz 2).
Durch pädagogisch-wissenschaftliche Untersuchungen sind die Vorteile des gemeinsamen Unterrichtes behinderter und nicht behinderter Kinder belegt. Diese hat der Gesetzgeber bei Einführung des § 4 NSchG berücksichtigt.
Die Göttinger Erfahrungen mit dem gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Kinder, insbesondere im Grundschulbereich und in den Gesamtschulen, sind als ausgesprochen positiv anzusehen.
Sonderpädagogische Grundversorgung - für die Integration von Schülerinnen und Schülern mit den Förderschwerpunkt ‚Lernen', ‚Sprache'‚und ‚emotional-soziale Entwicklung' (betrifft ca. 80% der Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf)
· Bisher nehmen 8 von 21 Grundschulen in der Stadt Göttingen am Regionalen Integrationskonzept Göttingen teil, im Landkreis sind es 6 von 42 (s. anliegende Übersicht). Ein flächendeckendes Konzept ist anzustreben (siehe dazu auch die Pressemitteilung des Kultusministeriums vom 7.7.2006 in der Anlage).
Bei der Umsetzung sollte eine Pool-Lösung als Möglichkeit berücksichtigt werden, d. h. alle Grundschulen in der Region Göttingen beantragen eine Grundversorgung und erhalten vom Kultusministerium die ihnen zustehenden Förderlehrerstunden, Diese errechnen sich aus der Anzahl der Klassen einer Schule x 2 Wochenstunden. (Die Lehrerversorgung für Grundschulen mit sonderpädagogischer Grundversorgung geht nicht zu Lasten der Lehrerversorgung an Förderschulen. Die dafür benötigten Stunden werden aus dem Gesamttopf des Landes bedient.)
Die Grundschulen, die nicht mit ihrer Grundversorgung arbeiten möchten, geben ihre Stunden in den Stundenpool für die anderen Schulen ab, aus dem die integrativ arbeitenden Schulen besser versorgt werden. Kinder mit festgestelltem Förderbedarf ‚Lernen' aus den anderen Schulen werden in den integrativ arbeitenden "RIK-Grundschulen" gefördert und müssen nicht an eine Förderschule überwiesen werden. Dieses Konzept wird z.B. in Hessisch-Oldendorf erfolgreich praktiziert.
Integrationsklassen
- in den Grundschulen für die Integration von Schülerinnen und Schülern mit dem ‚Förderschwerpunkt geistige Entwicklung'
- in der Sekundarstufe I - für die Integration von Schülerinnen und Schülern mit dem ‚Förderschwerpunkt geistige Entwicklung' und dem Förderschwerpunkt ‚Lernen'
· Der Bedarf an Integrationsplätzen in Integrationsklassen der Sekundarstufe wird ansteigen, denn durch die Einführung des RIKs im Schuljahr 2001/2002 werden seit dem Schuljahr 2005/2006 auch von den Erziehungsberechtigten Anträge auf Integration in der Sek I gestellt, deren Kind mit dem Förderbedarf ‚Lernen' eine Grundschule mit Grundversorgung besucht hat. (Für diese Kinder mit dem Förderbedarf ‚Lernen' ist eine Integration in der Sek I schulrechtlich nur in Integrationsklassen oder ausgelagerten Kooperationsklassen möglich)
· In den weiterführenden Schulen gibt es bisher noch erhebliche Defizite zur Integration, insbesondere in den Gymnasien und Realschulen. Mit der Integration von behinderten Kindern in Integrationsklassen dieser Schulen gibt es positive Erfahrungen (z. B. Gymnasium in Bad Segeberg u.a.; ab 06/07 wird es eine Integrationsklasse im Werner-von-Siemens-Gymnasium in Goslar geben)
· In den Göttinger Gesamtschulen sollte die Integrationsarbeit dadurch optimiert werden, dass in jedem Jahrgang von 5-10 eine Integrationsklasse geführt wird.
Hemmnisse für mehr Integration, z. B. fehlende räumliche, sächliche und personelle Beschränkungen sind abzubauen. Einmal ganz abgesehen vom grundsätzlichen Anspruch auf Würde und prinzipielle Gleichbehandlung ist es volkswirtschaftlich gesehen effizienter, in eine frühzeitige Integration zu investieren als erhebliche Folgekosten in Kauf zu nehmen, die mit mangelnder Integration zwangsläufig verbunden sind. Der Einsatz öffentlicher Mittel für Bau- und andere schulische Investitionen sollte daher zukunftsorientiert der integrativen Zielsetzung entsprechend erfolgen.
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Erläterung und/oder Kommentar

Wenn der Fraktion der Grünen dies Thema wirklich ernst ist - gleiche Chancen im Bildungswesen - dann frage ich mich, wann sie sich endlich für eine Geschlechtergerechtigkeit im Schulwesen einsetzen. Oder fürchten die Männer ist die Gruppe der Emanzen in ihrer Partei.

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