geändert am 10.05.2006 - Version Nr.: 1. 15

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politische Gedanken

Kritische Bewertung zur Qualität der Bevölkerungsprognose für Göttingen durch das Amt für Statistik?

Bereich: Forschung ~ kritisieren

Dr. Dieter Porth - GöttingenDieser Artikel ist ein Augenzeugenbericht von Dr. Dieter Porth. Kursiver Text ist als persönliche Einschätzungen zu werten.

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Pressemitteilung Bürgerstimmen im Göttinger-Land [ Homepage ] (Dr. Dieter Porth)

[Göttingen - 26.04.06] [Quelle: Email]

Wie ist die Bevölkerungsprognose vom statistischen Amt der Stadt zu bewerten?

Vor einiger Zeit wurde eine Prognose zur Bevölkerungsentwicklung veröffentlicht. In einem ersten Bericht wurde lediglich auf der Basis der Pressemitteilung die Qualität der Prognose angezweifelt. An dieser Stelle wird eine detaillierte Bewertung der Prognose nachgereicht. Der Eindruck, den die Pressemitteilung hinterließ, bestätigte sich am Original. (http://www.goesis.goettingen.de/pdf/Aktuell18.pdf)
Die Bevölkerungsprognose vom statistischen Amt der Stadt ist relativ einfach gehalten  Kommentarpiktogramm  . Das Modell basiert im wesentlich auf der Annahme, dass die Geburten in Zukunft abnehmen werden. Weiter geht man davon aus, dass die Zahl der Studenten in Zukunft höher sein wird als heute. Zum dritten wird die Zahl der Rentner in Zukunft nur die Sterbezahlen und durch die Alterpyramide bestimmt. Die gesamte Berechnung fußt dabei auf den Mittelwerten zu den entsprechenden Änderungsraten, die im wesentlichen konstant gehalten wurden. Einige Mittelwerte fußen auf Einschätzungen von Experten.
Eine Schwäche der Prognose ist der naive Umgang mit Zahl und die fehlende kritische Bewertung der Schätzungen. Ob die Schätzung der Studentenzahlen realistisch oder sich am Wünschen der Experten orientiert, wird in der Studie nicht hinterfragt. Es wird nur pauschal vom guten Ruf der Universität geredet, ohne zum Beispiel auf Rankinguntersuchungen einzugehen. Aber auch an anderen Stellen wird sehr naiv mit dem Zahlenmaterial umgegangen. In der Prognose wird der die wirtschaftliche Entwicklung der Region und der Stadt überhaupt nicht bewertet. Das ist fahrlässig, da die wirtschaftliche Entwicklung ein wesentlicher Faktor für die Zuzüge und Fortzüge in der Region. Exemplarisch sei dazu aus der aktuellen Wanderungssalden-Analyse für Senioren vom niedersächsischen Landesamt der Statistik zitiert. (Monatsheft Nr. 4/2006 vom NLS [gesamte pdf-Datei] auf S. 168)
"Dazu kommt noch ein weiteres, oft übersehenes Motiv, und dies könnte erklären, warum z.B. die Harzregion nicht weit höhere Wanderungsgewinne von Senioren erzielen kann, obwohl sie landschaftlich und kulturellhoch attraktiv, gut erreichbar und mit einer vorzüglichen seniorengerechten Infrastruktur ausgestattet ist. Im März 2004 hat das hannoversche Pestel Institut die Motive von Fortziehenden aus der Stadt Osnabrück erfragt. Die Stadt Osnabrück hatte in den drei Jahren des Untersuchungszeitraumes einen Negativsaldo der Seniorenwanderung von -678, und es lag daher nahe, die Fortzugsgründe näher zu erforschen. In der Studie heißt es: "Auf die Frage nach dem Motiv für die Wahl eines neuen Wohnortes antworteten 65% mit der ‚größeren räumlichen Nähe zu Verwandten', insbesondere zu den Kindern. (...) Die Verringerung der Distanz zu den Kindern war das weit überwiegende Motiv für den Fortzug aus Osnabrück"1). Das Umzugsverhalten der Menschen über 65 ist somit auch Ergebnis und Ausdruck ihres Bemühens, familiäre Netzwerke wieder enger zu knüpfen. Aus diesem Grund gibt es wenig Seniorenzuzug in solche Regionen, die zwar für die ältere Bevölkerung an sich optimal geeignet wären, die aber Jüngeren nur geringe Erwerbschancen bieten."
Aber auch methodisch lässt die Prognose Wünsche offen. In der Statistik gibt neben der Kenngröße des Mittelwerts auch die wichtige Kenngröße der Varianz. Die Varianz beschreibt, wie stark Werte in den einzelnen Jahren um den Mittelwert streuen. Mit Hilfe der Varianz kann man abschätzen, wie genau man bestimmte Werte kennt oder schätzen kann. Mithilfe man abschätzen, wie groß die Varianz des Prognoseergebnisses ist. Bei dem angegebenen Mittelwert von 127113 Menschen bleibt die Varianz ungenannt. Werden im Jahre 2020 wegen einer kleinen Varianz von 500 Menschen in Göttingen zwischen 127700 und 126600 leben? Werden wegen einer mittelgroßen Varianz von 15000 Menschen in Göttingen zwischen 112000 und 139000 Menschen leben? Der Leser wird darüber nicht informiert.
Genauso fehlt eine Aufzählung der Einflussfaktoren, die unberücksichtigt geblieben sind. Die wirtschaftliche Entwicklung blieb in der Prognose unberücksichtigt.
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